SFH-11241  Sachverständiger im Ermitlungsverfahren und Hauptverfahren

Auszug aus dem RIS


12Os90/13x; 11Os51/13d; 17Os25/14a; 12Os59/14i; 11Os26/14d;

11Os86/14b; 13Os25/14x; 11Os103/14b (11Os104/14z)



https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJR_20140123_OGH0002_0120OS00090_13X0000_002&ResultFunctionToken=ed651ca6-5bb1-41bf-a056-c3859569945c&Position=1&Gericht=&Rechtssatznummer=&Rechtssatz=&Fundstelle=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False&GZ=12Os90%2f13x&VonDatum=&BisDatum=18.10.2015&Norm=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=

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Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtssatznummer

RS0129286

Geschäftszahl

12Os90/13x


OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtssatznummer

RS0129286

Geschäftszahl

» 12Os90/13x; 11Os51/13d; 17Os25/14a; 12Os59/14i; 11Os26/14d; 11Os86/14b; 13Os25/14x; 11Os103/14b (11Os104/14z)

»

Entscheidungsdatum

23.01.2014

Norm

StPO §55 B
StPO §126 Abs4 B

Rechtssatz

Wenn ein Sachverständiger bei einem sehr allgemeinen Anfangsverdacht von der Staatsanwaltschaft mit nicht weiter determinierten Erhebungen zu einer Straftat, insbesondere ohne Nennung eines konkreten Beweisthemas beauftragt wird und das vorhandene, nicht ohne weiteres aussagekräftige Beweismaterial aufarbeitet und auf ein strafrechtliches Verdachtssubstrat hin untersucht, dann mutiert er von einem unabhängig agierenden Experten, der bei bestehender konkreter Verdachtslage zu einem Problemfeld mit Fachwissen Stellung nehmen soll, zu einem verlängerten Arm der Ermittlungsbehörden und damit funktional zu einem Organ der Ermittlungsbehörde. Je unbestimmter daher der Anfangsverdacht, je unkonkreter der Auftrag der Staatsanwaltschaft an den beigezogenen Experten, also je weniger der Beweiserhebungsauftrag den Kriterien des § 55 StPO entspricht, desto eher muss die darauf aufbauende Befundaufnahme inhaltlich als Ermittlungstätigkeit des beauftragten Gutachters gewertet werden. Insoweit wäre der solcherart eingesetzte Sachverständige mit einem „Anzeigegutachter" vergleichbar. Wer in derselben Strafsache als Kriminalbeamter tätig war, darf nicht später als Staatsanwalt agieren und umgekehrt. Wer daher inhaltlich als Ermittlungsorgan gewirkt hat, darf darauf folgend nicht als Sachverständiger einschreiten; vielmehr bewirkt eine solche funktional als Ermittlungsorgan erfolgte Vorbefassung als Befangenheitsgrund. Auf dieser Basis besteht für das erkennende Gericht eine Pflicht, das im Ermittlungsverfahren durch einen von der Staatsanwaltschaft bestellten, nicht an die Grundsätze des § 55 StPO gebundenen, einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt erst ermittelnden Experten hervorgerufene prozessuale Ungleichgewicht durch die Bestellung eines neuen Sachverständigen für das Hauptverfahren auszutarieren und damit ein faires Verfahren zu sichern. Solcherart bestehen keine verfassungsmäßigen Bedenken gegen § 126 Abs 4 letzter Satz StPO.

Entscheidungstexte

    »
  • »

    » » » 12 Os 90/13x

    Entscheidungstext OGH 23.01.2014 12 Os 90/13x

  • » » 11 Os 51/13d

    Entscheidungstext OGH 11.03.2014 11 Os 51/13d

    Vgl auch

  • » » 17 Os 25/14a

    Entscheidungstext OGH 11.08.2014 17 Os 25/14a

    Vgl aber Beweisanträge

§ 55. (1) Der Beschuldigte ist berechtigt, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen. Im Antrag sind Beweisthema, Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, zu bezeichnen. Soweit dies nicht offensichtlich ist, ist zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären.

(2) Unzulässige, unverwertbare und unmögliche Beweise sind nicht aufzunehmen. Im Übrigen darf eine Beweisaufnahme auf Antrag des Beschuldigten nur unterbleiben, wenn












1.

das Beweisthema offenkundig oder für die Beurteilung des Tatverdachts ohne Bedeutung ist,

2.

das beantragte Beweismittel nicht geeignet ist, eine erhebliche Tatsache zu beweisen, oder

3.

das Beweisthema als erwiesen gelten kann.

(3) Im Ermittlungsverfahren kann die Aufnahme eines Beweises der Hauptverhandlung vorbehalten werden. Dies ist unzulässig, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme geeignet sein kann, den Tatverdacht unmittelbar zu beseitigen, oder die Gefahr des Verlustes des Beweises einer erheblichen Tatsache besteht.

(4) Die Kriminalpolizei hat im Ermittlungsverfahren den beantragten Beweis aufzunehmen oder den Antrag mit Anlassbericht (§ 100 Abs. 2 Z 2) der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Die Staatsanwaltschaft hat ihrerseits die Beweisaufnahme zu veranlassen oder den Beschuldigten zu verständigen, aus welchen Gründen sie unterbleibt.


  • » » 12 Os 59/14i

    Entscheidungstext OGH 28.08.2014 12 Os 59/14i

    Auch

  • » » 11 Os 26/14d

    Entscheidungstext OGH 16.09.2014 11 Os 26/14d

    Vgl aber; Beisatz: Antrag auf Aufhebung wegen VerfassunBeweisanträge

§ 55. (1) Der Beschuldigte ist berechtigt, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen. Im Antrag sind Beweisthema, Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, zu bezeichnen. Soweit dies nicht offensichtlich ist, ist zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären.

(2) Unzulässige, unverwertbare und unmögliche Beweise sind nicht aufzunehmen. Im Übrigen darf eine Beweisaufnahme auf Antrag des Beschuldigten nur unterbleiben, wenn












1.

das Beweisthema offenkundig oder für die Beurteilung des Tatverdachts ohne Bedeutung ist,

2.

das beantragte Beweismittel nicht geeignet ist, eine erhebliche Tatsache zu beweisen, oder

3.

das Beweisthema als erwiesen gelten kann.

(3) Im Ermittlungsverfahren kann die Aufnahme eines Beweises der Hauptverhandlung vorbehalten werden. Dies ist unzulässig, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme geeignet sein kann, den Tatverdacht unmittelbar zu beseitigen, oder die Gefahr des Verlustes des Beweises einer erheblichen Tatsache besteht.

(4) Die Kriminalpolizei hat im Ermittlungsverfahren den beantragten Beweis aufzunehmen oder den Antrag mit Anlassbericht (§ 100 Abs. 2 Z 2) der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Die Staatsanwaltschaft hat ihrerseits die Beweisaufnahme zu veranlassen oder den Beschuldigten zu verständigen, aus welchen Gründen sie unterbleibt.

  • gswidrigkeit jener Bestimmungen der StPO, die im Spannungsverhältnis zu Art 6 Abs 3 lit d zweiter Fall MRK stehen. (T1)

  • » » 11 Os 86/14b

    Entscheidungstext OGH 28.10.2014 11 Os 86/14b

    Vgl aber; Beis wie T1

  • » » 13 Os 25/14x

    Entscheidungstext OGH 05.06.2014 13 Os 25/14x

    Vgl auch; Beisatz: Einer aus der Prozessstellung der Staatsanwaltschaft als einerseits Leiterin des Ermittlungsverfahrens und andererseits Partei des Hauptverfahrens in der Literatur mitunter als gegeben erachteten Anscheinsproblematik wird durch die Rechte des Angeklagten, den Sachverständigen unter Beiziehung einer Person mit besonderem Fachwissen zu befragen (§ 249 Abs 3 erster Satz StPO) und unter den Voraussetzungen des § 127 Abs 3 erster Satz StPO die Bestellung eines weiteren Sachverständigen zu begehren, hinreichend begegnet. Die Sicht, dass § 126 Abs 4 letzter Satz StPO mit Art 6 Abs 3 lit d MRK vereinbar ist, wird in der Lehre geteilt.
    Auch der EGMR hat erst unlängst ausgesprochen, dass die vorliegende Verfahrenskonstellation (Bestellung eines Sachverständigen durch das Gericht, Möglichkeit der Befragung dieses Sachverständigen durch den Angeklagten und seinen Verteidiger unter Beiziehung eines Privatgutachters) im Einklang mit den Garantien des Art 6 Abs 1 und Abs 3 lit d MRK steht. (T2)

  • » » 11 Os 103/14b

    Entscheidungstext OGH 25.11.2014 11 Os 103/14b

    Gegenteilig; Beis wie T1

Schlagworte

verfassungskonforme Interpretation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2014:RS0129286

Im RIS seit

24.03.2014

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2015

Dokumentnummer

JJR_20140123_OGH0002_0120OS00090_13X0000_002

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