SFH-142158  Ministerialentwurf zum Informationsfreiheitsgesetz,  https://www.mobbing-konkret.at


https://www.mobbing-konkret.at/missstaende/justiz/bvwg/ministerialentwurf-zum-informationsfreiheitsgesetz/


Wien, 18. April 2021

Betreff:
Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Rechnungshofgesetz 1948 und das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 geändert und ein Informationsfreiheitsgesetz erlassen werden.
GZ 2021-0.130.157

Stellungnahme zum Entwurf Informationsfreiheitsgesetz

Im Allgemeinen:

Derzeit zeigt sich in der Praxis das Problem, dass Auskunftsersuchen oft ignoriert werden. Bei Nachfrage wird dann mitunter Unzuständigkeit behauptet und auf andere Dienststellen bzw. Datenschutz und Verschwiegenheitspflicht verwiesen. Es sollte daher die Behauptung der Unzuständigkeit für unzulässig erklärt und klargestellt werden, dass über alle vorhandenen Informationen Auskunft zu geben ist. Jede Dienststelle ist für die Auskunft zuständig, ob sie Informationen hat oder eben nicht.

Weiters hat sich in der Praxis die Methode gezeigt, dass Auskünfte vorerst mit „Schreiben" verweigert werden. Mit diesem „Schreiben" wird die Auskunftserteilung als erledigt angesehen und dann kann dieses „Schreiben" in der Folge als Bescheid bezeichnet werden, wenn nicht rechtzeitig eine Bescheidbeschwerde eingebracht wurde. Wird rechtzeitig eine Bescheidbeschwerde gegen dieses „Schreiben" eingebracht, wird das „Schreiben" nicht als Bescheid angesehen. Diese Methode wendet der Rechnungshof regelmäßig an. Und der Verwaltungsgerichtshof entscheidet unvorhersehbar über solche „Schreiben", ob diese nun ein Bescheid darstellen oder eben nicht.

Das Spiel, welches hier mit dem Bürger betrieben wird, nämlich „Bescheid oder Nicht-Bescheid" kann von einem Auskunftsersuchenden nicht gewonnen werden. Siehe » VwGH Ra 2017/12/0062 vom 13.09.2017 (Rechtssatz: „Die Frage, ob eine nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung auf Grund ihres konkreten Erscheinungsbildes, insbesondere ihres konkreten Aufbaues und ihrer konkreten sprachlichen Fassung als Bescheid zu beurteilen ist, stellt eine einzelfallbezogene Auslegungsfrage dar (vgl. B 21. Dezember 2016, Ra 2016/12/0103; B 7. Oktober 2016, Ra 2016/08/0147") und auch die Anfrage an den Rechnungshof vom 09.09.2019, veröffentlicht auf

Es ist nach der derzeitgen Rechtsprechung einem Durchschnittsbürger unzumutbar, ein „Schreiben" als Bescheid zu erkennen. Dies erinnert an » VfGH 29.06.1990, G81/90, Slg 12420 über „Denksportaufgaben: Es scheint aber, daß nur mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben überhaupt verstanden werden kann, welche Anordnungen hier getroffen werden.".

Um solchen Methoden auch bei Informationsersuchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz vorzubeugen, wäre dringend die Unzulässigkeit der Erledigung mit „Schreiben", die nach derzeitger Rechtsprechung auch als Bescheid beurteilt werden können, festzuschreiben. Überhaupt wäre es sehr zweckmäßig auch durch einfachgesetzliche Bestimmungen strenge Formvorschriften für einen Bescheid vorzugeben, um die derzeitige Rechtsunsicherheit über die Bescheidqualität von Schreiben mit grundsätzlich vermeidbaren Verfahren bis zu den Höchstgerichten zu unterbinden.

Im Besonderen:

ad Artikel 22a B-VG

Die zur Informationserteilung verpflichteten Stellen im Entwurf wären zur Klarstellung zu erweitern um weitere staatliche Einrichtungen, die für Bürger tätig werden (sollten) wie bspw den Behindertenanwalt oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft.

Der Gesetzestext sollte daher im Absatz 1 nach der Aufzählung der obersten Organe ergänzt werden bspw wie folgt:

„…und weitere staatliche Einrichtungen, die für Bürger tätig werden wie bspw der  Behindertenanwalt oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft…."

Auf Länderebene wäre bspw auch der Patientenanwalt einzubinden.

Zu berücksichtigen ist, dass diese weiteren staatlichen Einrichtungen keine Behörden sind, die Bescheide ausstellen. Eine solche behördliche Tätigkeit betreffend Informationsfreiheitsgesetz kann diesen aber übertragen werden,

Begründung:

In der Praxis hat sich mehrmals gezeigt, dass solche staatlichen Einrichtungen auf Auskunftsersuchen entweder nicht reagieren oder ihre Unzuständigkeit behaupten und auf andere Dienststellen verweisen.

Auch auskunftspflichtige Organe zeigen wenig Bereitschaft, Auskünfte zu erteilen. Als Beispiel wird das BVwG angeführt. Am 27.02.2021 erfolgte eine Anfrage an den Präsidenten des BVwG, welchem Disziplinarrecht die Richter des BVwG unterliegen und bis heute kam keine Antwort.

Als nächstes Beispiel wird die Volksanwaltschaft angeführt, welche eine Beschwerde über die Praktiken des Rechnungshofes erhielt, nämlich, dass dieser die Information dafür schuldig bleibt, aufgrund welcher Rechtsgrundlage der damalige Präsident des Rechnungshofes, Dr. Josef Moser, die Bezahlung der Privatrechtsklage einer Sektionschefin des Rechnungshofes angeordnet hatte. Der Vorsitzende der Volksanwaltschaft teilte lediglich mit, dass keine persönliche Betroffenheit vorliegen würde, obwohl hier eindeutig mein Steuergeld verschwendet wird. Nicht mitgeteilt wurde, dass die Volksanwaltschaft den Sachverhalt gemäß Artikel 148a Abs. 2 B-VG auch von Amts wegen prüfen kann.

Ad Stellungnahme des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. April 2021

In dieser Stellungnahme wird die Ansicht vertreten, dass die Rechtsprechung von der Informationsverpflichtung auszunehmen wäre. Dem wird klar widersprochen.

Wer als Prozessbeobachter Verhandlungen am Bundesverwaltungssgericht (BVwG) verfolgt und später die Veröffentlichung der Entscheidungen im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) liest, muss immer wieder eine völlig verfehlte „proaktive Veröffentlichungspflicht" erkennen. So werden völlig unverständliche Anonymisierungen vorgenommen, die den rechtserheblichen Sachverhalt manchmal nicht mehr erkennen lassen.

Auch werden in der Beweiswürdigung von BVwG-Erkenntnissen „Feststellungen" berücksichtigt, die vorher bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts keine Erwähnung gefunden haben.

Damit werden Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts nicht nachvollziehbar.

Als ein Beispiel wird das Erkenntnis des Richters Mag. Fuchs-Robetin » W128 2111302-1 vom 25.02.2019 angeführt, das auf folgender Website entsprechend kommentiert ist:

Es wird sogar ein Buchautor und Buchtitel anonymisiert, ohne dass ein Geheimhaltungsgrund erkennbar wird. Auszug BVwG » W128 2111302-1 vom 19.02 2019:

„So habe der XXXX Mag. XXXX in seinem  Buch  " XXXX " auf subtile Druckmittel, wie etwa das Einleiten disziplinärer Untersuchungen hingewiesen. Weitere Angaben würden sich dazu im Internet auf der Website " XXXX " finden."

Bei solchen Anonymisierungen sollten man auch bei der Rechtsprechung nachfragen dürfen, wie der Buchtitel lautet und wer der Buchautor ist.

Auch sollte man nachfragen dürfen, auf Grund welcher Informationen der Richter bei der Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen ist, dass der Rechtsirrtum der Führungskräfte des Rechnungshofes auch aus der Persönlichkeit des Beschwerdeführers resultiert. Es wäre spannend zu erfahren, weshalb der Richter Mag. Fuchs-Robetin die Ursache für die mangelnde Fähigkeit der Führungskräfte des Rechnungshofes, Gesetze richtig auszulegen, in der Persönlichkeit einer Verfahrenspartei erblickt.

Es gibt im Bundesverwaltungsgericht keine Qualitätssicherung vor der Veröffentlichung von Erkenntnissen. Das kann an etlichen Beispielen nachgewiesen werden, bspw wenn wegen Unvollständigkeit unverständliche Sätze im RIS veröffentlicht werden. Dann sollte man zumindest nachfragen dürfen, wie der vollständige Satz lautet.

Der Sinn von Anonymisierungen bei Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen im Rechtsinformationssystem des Bundes ist oft nicht zu erkennen und sollte auf ein erforderliches Mindestmaß eingeschränkt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Mobbing-Konkret



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