Der Vergehenstatbestand der Täuschung nach dem § 108 Abs. 1 StGB erfaßt nach herrschender Auffassung zwar auch Vermögensrechte;
erfolgt diese Täuschung aber mit Bereicherungsvorsatz, liegt Betrug vor (vgl. JBl. 1989, 191; Bertel WK, RN 36 zu § 108 StGB;
Foregger-Serini, StGB4, Erl. III/1 zu § 108 StGB;
Leukauf-Steininger, StGB2, RN 4 zu § 108 StGB; Mayerhofer-Rieder StGB3, Anm. 7 zu § 108 StGB sowie die dort zitierte Judikatur).
Nach den Urteilsannahmen wollte der Angeklagte N***** die Firma P***** Leasing durch die Bezahlung des Kaufpreises für die in Wahrheit nicht existenten Klaviere, also durch Täuschung über Tatsachen, zu einer Vermögensverfügung veranlassen (Ersturteil Bd. VI, S 295 dA). Es bestand angesichts des Umstandes, daß ein Kaufobjekt gar nicht existierte, kein Rechtsanspruch auf den Kaufpreis und somit auf die durch Entgegennahme des jeweiligen Kaufpreises bewirkte Vermögensvermehrung auf seiten des Angeklagten Johann N***** oder der J. N***** GesmbH.
Wird jemandem - wie hier - seine Verpflichtung zu einer vermögenswerten Leistung vorgetäuscht und erbringt der Getäuschte diese Leistung, so ist er geschädigt und, als Kehrseite hievon, in der Regel ein anderer bereichert. Ohne Bedenken und Beschließen dieses Ergebnisses ist ein derartiges Täuschungsmanöver sinnlos (vgl. JBl. 1989, 192). Da aber das laut Schuldspruch des Angeklagten N***** wegen Vergehens der Täuschung (Punkt A./) beeinträchtigte Recht der Firma P***** Leasing, auf dessen Schädigung die Absicht des Angeklagten N***** nach der diesen Schuldspruch tragenden Urteilsannahme gerichtet war, in Wahrheit nur das Vermögensrecht dieser Firma sein konnte, die gewollte Bereicherung keine dauernde sein muß (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2, § 146 RN 44) und die auf Grund der fingierten Leasingverträge geleisteten und allenfalls noch beabsichtigten weiteren Zahlungen nur als das (zum Teil verwirklichte) Vorhaben nachträglicher Schadensgutmachung oder -minderung zu werten sind und für die Annahme vollendeten Betruges daher ohne Bedeutung wären, stehen diese Urteilsannahmen mit der weiteren Konstatierung im angefochtenen Urteil, ein auf Zufügung eines Vermögensschadens gerichteter Vorsatz des Angeklagten N***** sei nicht erweisbar (vgl. Ersturteil, Band VI, S 298 dA), in einem eklatanten inneren Widerspruch, der auch von der Staatsanwaltschaft in ihrer Mängelrüge ausdrücklich geltend gemacht wird. Der Schuldspruch des Angeklagten Johann N***** zu Punkt A./ ist demnach mit Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet.
Aus den Urteilsfeststellungen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, daß sich der Angeklagte mit diesen inkriminierten Handlungen bloß einen (verdeckten) Kredit verschaffen wollte (vgl. Ersturteil Band VI, S 294), insbes. die Konstatierungen S 298 f. Punkt 1 bis 4). Bei Zutreffen dieser Annahme wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob der Angeklagte im Zeitpunkt der einzelnen Tathandlungen es (zumindest) ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, daß er die vereinbarten Raten nicht oder nicht rechtzeitig bezahlen werde können (vgl. Kienapfel BT II2, § 146 Rz 240 und die dort angeführten E).
Der öffentliche Ankläger meint weiters in seiner auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge, wenn das im Schuldspruch zu Punkt A./ angeführte Tatgeschehen weder für einen Schuldspruch wegen Betruges noch für einen solchen wegen Täuschung tragfähig sei, hätte der Angeklagte N***** den Vergehenstatbestand der fahrlässigen Krida nach den §§ 159 Abs. 1 Z 1 und 2, 161 Abs. 1 StGB zu verantworten. Hiebei übersieht die Staatsanwaltschaft zunächst, daß zwischen Betrug und fahrlässiger Krida echte Konkurrenz möglich ist (vgl. Leukauf-Steininger, StGB2, RN 65 zu § 146 StGB und RN 24 zu § 159 StGB; LSK 1976/271 und 331 zu § 146 StGB; ferner » 12 Os 60/82). Die Prüfung, ob der Angeklagte N***** durch das ihm zu Punkt A./ des Schuldspruchs angelastete Verhalten auch das Vergehen der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und/oder Z 2 StGB (§ 161 Abs. 1 StGB) zu verantworten hat, wäre demnach schon unabhängig davon, ob er dadurch (auch) das Delikt des Betruges verwirklicht hat, geboten gewesen. Denn das Gericht ist an die in der Anklageschrift vorgenommene rechtliche Beurteilung des dort unter Anklage gestellten Sachverhaltes nicht gebunden (§ 262 StPO), es hat vielmehr den von der Anklage erfaßten Sachverhalt ohne Bindung an die vom Ankläger vorgenommene rechtliche Beurteilung nach allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu untersuchen.
In den hier in Rede stehenden sechs Fällen (vgl. Punkt I./1./ bis 6./ der Anklageschrift, Band VI, ON 116 dA) wird dem Angeklagten N***** der Sache nach angelastet, der Firma P***** Leasing (betrügerisch) den Kaufpreis für in Wahrheit nicht vorhandene Musikinstrumente herausgelockt und dafür die Bezahlung der Leasingraten für diese tatsächlich nicht existenten und demnach in Wahrheit auch nicht weitervermieteten Klaviere durch die J. N***** GesmbH in Aussicht gestellt zu haben. Damit hat der Angeklagte N*****, der nach der Aktenlage von der Geschäftsführerin dieser GesmbH, der Mitangeklagten Margit N*****, eine Generalvollmacht hatte (vgl. Band VI, S 237, 248 und 250 dA), nach dem Anklagesachverhalt aber auch entsprechende Verbindlichkeiten der J. N***** GesmbH begründet. Falls diese vom Angeklagten N***** zu verantwortenden Vorgänge für die nach den Annahmen des Erstgerichtes Ende 1985 (bzw. Anfang 1986) eingetretene Zahlungsunfähigkeit der J. N***** GesmbH (mit-)kausal waren, käme eine strafrechtliche Haftung des Angeklagten N*****, dem nach den bisherigen Verfahrensergebnissen die Stellung eines faktischen (alleinigen) Geschäftsführers dieser GesmbH zugekommen war, wegen Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 (§ 161 Abs. 1) StGB, begangen durch fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaft, in Betracht. Hiezu wären aber im einzelnen noch nähere, für einen Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida tragfähige Urteilsfeststellungen erforderlich.
2./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten
Margit N*****:
Dieser Angeklagten liegt nach dem Inhalt des Urteilssatzes als Vergehen der fahrlässigen Krida nach den §§ 159 Abs. 1 Z 1; 161 Abs. 1 StGB zur Last, in der Zeit ab Mai 1983 bis Ende Jänner 1985 in Wien als im Handelsregister eingetragene Geschäftsführerin der J. N***** GesmbH, somit als leitende Angestellte einer juristischen Person, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, dadurch fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt zu haben, daß sie die Funktion eines Geschäftsführes einer GesmbH ohne die hiefür erforderlichen Kenntnisse übernahm, ihre Kontroll- und Aufsichtspflichten nicht wahrnahm und dem nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes handelnden Johann N*****, ihrem Lebensgefährten, die Unternehmensführung überließ.
Gegen diesen Schuldspruch wendet die Angeklagte N***** in ihrer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge ein, daß nach den Urteilsannahmen die Zahlungsunfähigkeit der J. N***** GesmbH erst Ende 1985 eingetreten (vgl. Ersturteil, Band VI, S 288 und 290 dA) und dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen sei, worin das ihr zur Last gelegte Tatverhalten, das zur Zahlungsunfähigkeit dieser Firma geführt habe, im einzelnen gelegen sein soll. Ihre Verantwortlichkeit als Geschäftsführerin dieser GesmbH sei nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen nur für die Zeit (ab März 1983) bis Ende Jänner 1985, also bloß bis zu einem Zeitpunkt angenommen worden, der lange (nämlich nahezu ein Jahr) vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der J. N***** GesmbH gelegen sei.
Diesem Einwand, mit dem der Sache nach Feststellungsmängel des Ersturteils im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden, kann Berechtigung nicht abgesprochen werden:
Das Erstgericht schenkte der Verantwortung der Angeklagten N***** Glauben, sie sei auf Grund eines ihr vom Mitangeklagten Johann N***** Anfang 1985 vorgelegten und von diesem verfälschten Handelsregisterauszuges (der die wahrheitswidrige, mit 24. Jänner 1985 datierte Eintragung aufwies, daß Johann N***** zufolge Beschlusses der Generalversammlung vom 21.Jänner 1985 zum Geschäftsführer der J. N***** GesmbH bestellt worden sei; vgl. Band II, S 385 bis 387 des Aktes) der Meinung gewesen, ab 24. Jänner 1985 nicht mehr Geschäftsführerin der GesmbH zu sein. Nach Überzeugung des Erstgerichtes habe sie diesen Handelsregisterauszug nicht als Fälschung erkannt (Ersturteil, Band VI, S 287), sodaß ihr diese Fehlmeinung subjektiv nicht vorwerfbar sei (Ersturteil Band VI, S 309 dA).
Den für den Schuldspruch der Angeklagten N***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida maßgeblichen Fahrlässigkeitsvorwurf erblickte das Erstgericht darin, daß sie die Funktion einer Geschäftsführerin der J. N***** GesmbH ohne die hiefür erforderlichen Kenntnisse übernommen, sich um die Unternehmensführung in keiner Weise gekümmert, diese vielmehr zur Gänze ihrem Lebensgefährten, dem Mitangeklagten Johann N*****, überlassen, sich nicht über ihre Pflichten informiert und die ihr als Geschäftsführerin obliegende Kontroll- und Aufsichtspflicht vernachlässigt habe (Band VI, S 278, 286 und 310). Eine der Ursachen der Anfang 1986 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Fa. J. N***** GesmbH ist nach den Urteilsannahmen in der Zeit der Geschäftsführertätigkeit der Angeklagten eingetreten und daher von ihr zu verantworten, und zwar die Tatsache, daß dem Angeklagten N***** Fähigkeiten als Unternehmer fehlten, was dazu geführt habe, daß bereits zum 31.November 1984 eine Überschuldung der GesmbH von rund 10,7 % vorlag; weiters habe der Angeklagte N***** am 4.Jänner 1985 durch eine bewußt wahrheitswidrige Umsatzsteuervoranmeldung eine ihm nicht zustehende Gutschrift vom zuständigen Finanzamt erlangt (Band VI S 310).
Richtig ist zwar, daß leitende Angestellte (§ 161 StGB) bei Aufziehen einer Krisensituation verpflichtet sind, den möglichen Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit im Auge zu behalten und die daraus resultierende Gefährdung der Gläubiger nach Kräften zu vermeiden. Das ist der Inhalt des spezifischen Sorgfaltsgebots des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB (Kienapfel, BT II2 § 159 Rz 15). Im vorliegenden Falle fehlen jedoch Feststellungen darüber, daß der Beschuldigten - die allerdings als Wirtschaftstreibende insoweit den Erfahrungs- und Wissenstand eines verantwortungsbewußten Kaufmanns zu vertreten hätte (» 13 Os 92/89; Kienapfel aaO RN 28 und 29) - ex ante gesehen zum Zeitpunkt ihrer Geschäftsführertätigkeit auch tatsächlich erkennbar war, daß sich der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit abzeichnete und daß durch das Verhalten des Johann N***** das im Wirtschaftsleben erlaubte Risiko in unvertretbarer Weise überschritten wurde. Die Entnahmen der aus den Scheingeschäften (Punkt A./ und B./ des Schuldspruches des Angeklagten Johann N*****) resultierenden Geldmittel durch den Angeklagten N*****, die er zum Großteil für persönliche Zwecke verwendete, können aber der Angeklagten N***** nach den bezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes nicht mehr angelastet werden, weil diese Vorgänge schon außerhalb jenes Zeitraumes lagen, für den die Angeklagte N***** nach Meinung des Erstgerichtes die Verantwortung als Geschäftsführerin der J. N***** GesmbH trug.
Soweit die Angeklagte N***** allerdings - wenn auch verfehlt im Rahmen der Strafberufung - die Anwendung des § 42 StGB für sich reklamiert und damit der Sache nach eine Urteilsnichtigkeit nach der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO behauptet, scheitert ihr bezügliches Vorbringen schon daran, daß von einer geringen Schuld (als eine der Voraussetzungen für die Annahme einer mangelnden Strafwürdigkeit der Tat gemäß dem § 42 Z 1 StGB) im Hinblick darauf, daß sie in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der J. N***** GesmbH von vorneherein bloß als Strohmann ihres Lebensgefährten Johann N***** agierte und diese Funktion im Bewußtsein übernahm, daß ihr zu deren Erfüllung jede Voraussetzung fehlte, keine Rede sein kann.
Mithin war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden spruchgemäß zu erkennen.
Mit ihren durch die Aufhebung der erstgerichtlichen Strafaussprüche gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und die Angeklagte Margit N***** auf diese Entscheidung zu verweisen.