SFH-0595 / Beschwerde Dr. Perterer vom 10.04.2007 an den EGMR

betreffend die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 25.09.2006



DDr. Manfred KÖNIG &  Dr. Siegfried KAINZ

 

Rechtsanwälte - Strafverteidiger

 

A-5760 Saalfelden – Lofererstrasse 46

Telefon 0 65 82/ 73 180 – Fax 73 180 10

 

 

An den                                                                                              hm/kö-LG/EuGH

Europäischen Gerichtshof                                                             Dr.PertererBeschwerde

für Menschenrechte                                                                                  

F-67075 STRASBOURG CEDEX                                    

 

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Beschwerdeführer:                                          Dr. Paul PERTERER,

                                                                       Löhnersbachweg 102, A-5753 Saalbach

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vertreten durch:                       

 

 

 

                                                                      

 

 

                                                                      

 

wegen: Art. 6,13 MRK

Art. 1 1. ZP MRK

 

 

                                                                                                                                 1-fach

                                                                                                                                 3 Beilagen

 

 

                                  

 B E S C H W E R D E

 

gem. Art. 34 MRK

 


I. Die Parteien:

 

A. Der Beschwerdeführer:

     1. Dr. PERTERER

     2. Paul (männlich)

     3. Österreich

     4. Jurist

    5. 12.9.1952 in Saalbach

    6. A-5753 Saalbach, Löhnersbachweg 102

    7. 0043/650/5533735

    8. A-5753 Saalbach, Löhnersbachweg 102

    9. DDr. Manfred KÖNIG

  10. Rechtsanwalt

  11. A-5760 Saalfelden, Lofererstraße 46

  12. 0043/6582/73180, Fax-DW 10

 

 

B. Die Hohe Vertragschließende Partei:

13. Republik Österreich

 

II. Darlegung des Sachverhaltes:

14.

a. Mit Klage vom 16.3.2006 hat der Beschwerdeführer beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof Ansprüche gegen das Land Salzburg und die Republik Österreich aus dem Titel Staatshaftung geltend gemacht. Dabei hat sich der Beschwerdeführer auf eine Entscheidung (views) des UN-Menschenrechtsausschusses vom 20.8.2004 gestützt. Der Verfassungsgeríchtshof hat mit Beschluss vom 25.9.2006, A 9/06-4 die Klage des Beschwerdeführers wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Gerichtshofes mit der Begründung zurückgewiesen, weder aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte noch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention sei ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch als solcher unmittelbar abzuleiten.

 

b. Der UN-Menschenrechtsausschuss ist in seinen views vom 20.8.2004 als Folge der
begründeten und zulässigen Individualbeschwerde des Beschwerdeführers Dr. Paul        Perterer vom 31.7.2001 gegen die Republik Österreich zum Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer
       a) in seinem Recht auf ein unparteiisches Gericht durch unzulässige Zusammensetzung
           der Disziplinarkommission und
       b) in seinem Recht auf Gleichheit vor Gericht wegen unangemessen langer Verfahrens-
           dauer von insgesamt 57 Monaten
       jeweils gemäß Art. 14 Abs. 1 CCPR verletzt worden ist und daher die Republik Österreich gemäß Art. 2 Abs. 3 CCPR verpflichtet ist dem Beschwerdeführer ein wirksames Rechtsmittel einschließlich die Zahlung einer angemessenen Entschädigung zur Verfügung zu stellen.

c.  Zusätzlich ist dem Beschwerdeführer durch die vom Menschenrechtsausschuss festgestellten Grundrechtsverstöße auch legislatives Unrecht widerfahren, da es die beklagten
Parteien unterlassen haben, ein dem Art. 6 EMRK und Art. 14 CCPR iVm Art. 25
und 26 CCPR entsprechendes Beamtendienstrechtsgesetz  bzw. Salzburger Gemeinde-
bedienstetengesetz zu erlassen.
Die Bestimmung des § 12 Abs. 5 Salzburger Gemeindebedienstetengesetz enthält
keine exakte Trennung zwischen Ankläger und Richter und hat diese völkerrechts-
widrige Norm den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein unparteiisches Gericht ebenso verletzt wie in seinem Recht auf Gleichheit vor Gericht durch die überlange Verfahrensdauer von 57 Monaten.
Das Land Salzburg und die Republik Österreich als Beschwerdegegner  haben es entgegen ihren Verpflichtungen aus dem Fakultativprotokoll und dem Weltpakt unter Missachtung der 90-tägigen Erledigungsfrist, gerechnet ab dem 3.8.2004, bis heute unterlassen, die fristgerecht geltend gemachten Entschädigungsansprüche des Beschwerdeführers zu erfüllen bzw. ihm die Durchsetzung seiner Forderungen etwa durch amtswegige Wiederaufnahme des seinerzeitigen Disziplinarverfahrens zu ermöglichen.    
        
d. Der Österreichische Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass aus der Verletzung von Verfahrensvorschriften der zuständige Rechtsträger auch für alle vermögensrechtlichen Nachteile haftet, die der betroffenen Person erwachsen, insbesondere bei Verletzung der Senatsbesetzung, der Waffengleichheit, bei der Beweisführung sowie bei Verfahrensverzögerungen (SZ 65/125, SZ 59/93, VwGH Slg 7556, 1 Ob 8/90 und SZ 71/98). Diese angeführten Verfahrensmängel zum erheblichen Nachteil des Klägers haben zu dessen
seinerzeitigen Entlassung aus dem Staatsdienst am 23.9.1999 geführt und sind vom Menschenrechtsausschuss in dessen views vom 20.8.2004 gerade diese gravierenden
Verletzungen des UN-Paktes vom 16.12.1966 durch die beklagten Parteien mit aus-
führlicher Begründung gerügt und festgestellt worden, verbunden mit der unmissver-
ständlichen Aufforderung als Rechtspflicht der Republik Österreich und damit auch des
Bundeslandes Salzburg zur Einräumung eines wirksamen Rechtsmittels samt Zahlung einer angemessenen Entschädigung an den Beschwerdeführer.

 

e.  Die Haftung der Republik Österreich gründet sich auf die völlige Verkennung der
österreichischen Verfassungsordnung durch die Finanzprokuratur als Prozessvertretung
der Republik Österreich, wenn diese die im Ergebnis juristisch unhaltbare Behauptung auf-
stellt, der Weltpakt von 16.12.1966 sei nicht Bestandteil der innerstaatlichen Rechts-
ordnung bzw. sei dieser Pakt für den Beschwerdeführer als Einzelperson nicht unmittelbar anwendbar und darüber hinaus von den Disziplinarbehörden bei der Vollziehung des Salzburger Landesbedienstetengesetzes und des Beamtendienstrechtsgesetzes im seinerzeitigen Disziplinarverfahren gegen den Kläger nicht anzuwenden gewesen. Mit dieser völlig verfehlten Rechtsmeinung begründet die Finanzprokuratur jedoch geradezu in klassischer Weise einen Staatshaftungsanspruch des Beschwerdeführers gegenüber der Republik Österreich für legislatives Unrecht wegen Säumigkeit des österreichischen Gesetz-
gebers bei der erforderlichen Umsetzung des Weltpaktes (CCPR)  in die innerstaatliche Rechtsordnung. Diesfalls würde zwar eventuell die Amtshaftung des Landes Salzburg als ehemaligen Dienstgeber  für die eingetretenen Vermögensschäden des Beschwerdeführers wegfallen, gleichzeitig jedoch der Amtshaftungsanspruch des Beschwerdeführers gegen die Republik Österreich wegen rechtswidriger und schuldhafter Säumigkeit bei der völkerrecht-
lich bindenden Transformation des Weltpaktes in das österreichische Rechtssystem begründet werden (1 Ob 146/00b, JBl 2001, 181 und 1 Ob 80/00x, JBl 2001, 445 = EvBl 2001 /116).

 

III. Konventionsverletzungen:

15. Art. 6 MRK und 1. ZP

a. Der EGMR legt den Begriff der „zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen" im Absatz 1 in seiner Judikatur in besonderer Weise extensiv aus. So wird auch der zivilrechtliche Charakter bei einem Ersatzanspruch gegen den Staat wegen schuldhaften Verhaltens seiner Behörden bejaht (EGMR 27.4.1989 Neves e Silva), ebenso bei öffentlich Bediensteten wie beim Beschwerdeführer  im vorliegenden Fall der views des Menschrechtsausschusses (EGMR 17.3.1997 Neigel).

 

b. Nach Ansicht der views konnte der Beschwerdeführer seine Rechte im Disziplinarverfahren nicht effektiv vertreten und sei vor allem sein Recht auf ein unparteiisches Gericht verletzt worden. Sein Vorbringen in den Disziplinarverfahren ist nicht sorgfältig geprüft worden und sind auch die Entscheidungen der Dienstbehörden nicht hinlänglich deutlich begründet worden. Ebensowenig wurde das gesamte Beweismaterial offengelegt und konnte der Beschwerdeführer auch zu Beweisaufnahmen über strittige Tatsachen nicht ausreichend Stellung nehmen.

 

c. Mit rechtlich bindender Wirkung des Menschenrechtsausschusses steht jedenfalls fest, dass durch die überlange Verfahrensdauer von 57 Monaten für eine Sache von geringer Komplexität durch die österreichischen Behörden das Gebot der Fairness des Art. 6 Abs. 1 MRK („innerhalb einer angemessenen Frist") verletzt worden ist. Relevant ist nur die objektive Beurteilung und nicht die allfällige Überlastung von Dienstbehörden (EGMR 26.2.1993, Salesi u.a.m.).

 

d. Gemäß Art. 2 Abs. 3 CCPR ist Österreich als Vertragsstaat verpflichtet, dem Beschwerdeführer ein wirksames Rechtsmittel einschließlich der Zahlung einer angemessenen Entschädigung zur Verfügung zu stellen. Die nunmehr angefochtene Entscheidung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes vom 25.9.2006 ignoriert jedoch diese gesetzliche Verpflichtung zur Wiedergutmachung. Entgegen der Ansicht des Gerichtshofes besteht sehr wohl eine Entschädigungspflicht der Republik Österreich an den Beschwerdeführer.

 

e. Der Menschenrechtspakt CCPR hat zwar keinen Verfassungsrang und begründet daher
keine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte, sehr wohl aber Verpflichtungen für den Gesetzgeber auf Bundes- und  Landesebene. Die Republik Österreich ist mit BGBl. 105/1988 dem Fakultativprotokoll zum Pakt beigetreten und hat sich damit dem Individualbeschwerderecht gegen die Verletzung der einzelnen Rechte aus diesem Pakt unterworfen. Daher sind Bund und Länder verpflichtet, die innerstaatlichen Vorschriften den Individualrechten des Paktes anzupassen, jedenfalls soweit und sobald im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens wie im vorliegenden Fall des Beschwerdeführers vom Menschenrechtsausschuss der UNO Rechtsverletzungen festgestellt werden.

f. Beim gegenständlichen UN-Pakt handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag und erklärt Art. 9 Abs. 1 B-VG die Transformation derartiger Verträge in das österreichische Rechtssystem. Damit ist auch dieser Menschenrechtspakt Bestandteil von Bundes- und Landesrecht geworden. Nach Art. 49 Abs. 1 B-VG ist dieser Pakt im Bundesgesetzblatt ordnungsgemäß kundgemacht und in Kraft gesetzt worden. Der Pakt enthält keinen Erfüllungsvorbehalt hinsichtlich der zum Nachteil des Beschwerdeführers vom Menschenrechtsausschuss festgestellten Grundrechtsverletzungen, sondern den Sachverhalt nicht betreffende Vorbehalte. Die Republik Österreich hat den Weltpakt und das Fakultativprotokoll ratifiziert, womit völkerrechtlich und innerstaatlich beide genannten Dokumente rechtsverbindlich geworden sind, wenn auch nur auf einfachgesetzlicher Ebene.

g. Nach ständiger Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg 2680) bestimmt sich der Rang einer transformierten Regel danach, in welcher Form die betreffende Bestimmung in der österreichischen Rechtsordnung erzeugt werden müsste. Daher sind z.B. Regelungen, die Anknüpfungspunkte für den Geltungsbereich von Geboten und Sanktionen vorsehen, innerstaatlich als Verfassungsrecht anzusehen, weil sie inhaltlich Verfassungsrecht im materiellen Sinn darstellen. Demgemäß ist der gegenständliche Weltpakt vom 16.12.1966 im Stufenbau der österreichischen Rechtsordnung gleichrangig wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4.11.1950, BGBl. 210/1958
von den innerstaatlichen Organen der Gesetzgebung und Vollziehung anzuwenden.
Diese Rechtsanalogie des Weltpaktes zur EMRK gründet sich insbesondere auf Art. 1 ff. Fakultativprotokoll, womit die Republik Österreich als Vertragsstaat des Paktes die Individualbeschwerdemöglichkeit seiner Normadressaten anerkannt hat.

h. Die EMRK verpflichtet gleichermaßen wie der von Österreich ebenfalls ratifizierte
Menschenrechtspakt die Republik als Mitgliedsstaat völkerrechtlich, die in beiden Dokumenten aufgezählten Freiheits- und Menschenrechte aufgrund verfassungsmäßiger
Transformation nach dem B-VG auch innerstaatlich als Grundrechte zu garantieren.  Es besteht somit völkerrechtlich seit der Zustellung der Entscheidung des UN-Menschenrechtsausschusses über die Beschwerde des Klägers Dr. Paul Perterer an die Republik Österreich für diese seit 3.11.2004 die eindeutige Verpflichtung,  die im
Weltpakt enthaltene und aufgrund der Beschwerdeführung als verletzt festgestellte
Verfahrensschutzbestimmung des Art. 14 CCPR als Grundrecht analog zur Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Strassburg durch Erlassung von
einfachen Gesetzen auf Bundes- und Landesebene für den Beschwerdeführer zu gewähr-
leisten und diesem angemessenen Schadenersatz für erlittenes Unrecht zu leisten (VfSlg
7400 und 12.501 sowie EuGRZ 1979, 454; 1985, 297; 1983, 482; 1979, 626 und 1989, 522).

 

i. Die beim EGMR nunmehr angefochtene Zurückweisungsentscheidung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes verletzt den Beschwerdeführer auch in seinem Eigentumsrecht nach Art. 1 1. ZP MRK. Der EGMR tendiert deutlich dazu, im Eigentumsbegriff der vorzitierten Bestimmung einen Schutz von Vermögenswerten schlechthin – ohne Rücksicht darauf, ob diese im öffentlichen oder im privaten Recht ihre Grundlage haben – zu sehen (EGMR 26.6.1996 Van Marle). Die vermögenswerten Ansprüche des Beschwerdeführers  sind in seiner Klage vom 16.3.2006 an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 137 B-VG detailliert ausgeführt worden. Der Menschenrechtsausschuss vertritt in seinen views vom 20.8.2004 die Auffassung, die Republik Österreich sei als Vertragsstaat des CCPR gemäß Art. 2 Abs. 3 verpflichtet, den Beschwerdeführer ein wirksames Rechtsmittel einschließlich der Zahlung einer angemessenen Entschädigung zur Verfügung zu stellen.

 

IV. Angaben zu Art 35 Abs 1 der Konvention:

16.

Beschluss des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes vom 25.9.2006, A 9/06-4, dem Beschwerdeführer zugestellt am 13.10.2006.

 

17.

Andere Entscheidungen sind nicht vorhanden

 

18.

Der Beschwerdeführer hat den innerstaatlichen Instanzenzug für seine Ansprüche zur Gänze ausgeschöpft.

 

V. Beschwerdegegenstand und vorläufige Ansprüche:
19.

Der Beschwerdeführer möchte mit der Anrufung des Gerichtshofes erreichen, dass seine Entschädigungsansprüche nach Art. 137 B-VG gemäß Klage vom 16.3.2006 an den Verfassungsgerichtshof von der Republik Österreich und dem Land Salzburg zur Gänze anerkannt und bezahlt werden. Darüberhinaus wird eine angemessene Entschädigung samt Kostenersatz nach Art. 41 MRK geltend gemacht.

 

VI. Andere internationale Instanzen:

20.

Die vorliegende Individualbeschwerde ist eine Folge der views des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen vom 20.8.2006 CCPR/C/81/D/1015/2001, deren darin festgestellten Rechtsverletzungen und Entschädigungsansprüche gegenüber dem Beschwerdeführer von der Republik Österreich und vom Land Salzburg als Normadressaten bis heute schlichtweg ignoriert worden sind, wie nunmehr auch der angefochtene Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zeigt.

 

VII. Beigefügte Unterlagen:

21. a) Beschluss Verfassungsgerichtshof vom 25.9.2006

      b) Klage an den Verfassungsgerichtshof vom 16.3.2006

     c) Auffassungen des Ausschusses für Menschenrechte vom 20.8.2004,

            Mitteilung Nr. 1015/2001

 

VIII. Erklärung und Unterschrift:

22. Ich erkläre nach bestem Wissen und Gewissen, dass die von mir in der vorliegenden Beschwerde gemachten Angaben richtig sind.

 

 

 

 

 

 

…………………………………………….              ……………………………………..

(Dr. Paul Perterer)                                                      (als Bevollmächtigter)

 

 

A-5760 Saalfelden, am 10.4.2007


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