SFH-4439 Umfassende Sachverhaltsdarstellung, Langfassung, Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften " Kapitel 36 von Dr. Lederbauer Stand 28.9.2011
Umfassende Sachverhaltsdarstellung ( Langfassung) zur Causa Verkauf von Bundeswohnungen unter Berücksichtigung einer detallierten Analyse der Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofs über den „Verkauf der BUWOG" und den „Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften" sowie des Berichts des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofsausschusses, des Minderheitsberichts der Berichte des Rechnungshofsausschusses, sowie der Diskussionen im Plenum des Nationalrats unter Berücksichtigung aller Protokolle und aktueller Medienberichte. Copyright by Dr. Wolfgang Lederbauer
36. Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften Zeugenaussage Dr. Lederbauer am 29.9.2010 bei der SOKO CONSTANTIA , Bundeskriminalamt
Nach dem Interview am 2.8.2010 ( gesendet am 3.8.2010 ) im ORF wurde mir nahegelegt, meine ´Beurteilung auch der Staatsanwaltschaft Wien zur Kenntnis zu bringen.
Nach einem Anruf bei der Staatsanwältin Dr. Nittl erhielt ich eine Einladung zu einer Zeugenaussage im Bundeskriminalamt.
Am 29.9.2010 erfolgte meine Zeugenaussage, die im folgenden wiedergegeben wird.
Es ist ggf. zu klären, wie die Ermittlungsbehörden diesen Hinweisen gefolgt sind und welche Ergebnisse vorliegen.
Ermittler ohne Titel:
Wimmer
Schütz
Frage 1: Ihre schulische Ausbildung?
Antwort:
Technische Universität Graz, Fakultät für Bauingenieurwesen, Studienrichtung: Wirtschafsingenieurwesen/ Bauwesen.
Frage 2: Was können sie im Zusammenhang mit der Vergabe der Beratungsleistungen an die Fa Lehmann sagen?
Antwort:
Ich habe die beiden Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofs genau studiert. Und zwar: Verkauf der BUWOG und Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften. Ich verweise auf eine e mail vom 29.9.2011 . Dort ist alles beschrieben.
Bemerkung Ermittler: Ich habe mich mit der Vergabe an Lehman beschäftigt. Ich habe mich nicht mit dem Verkauf beschäftigt. Es ging um den Verzicht auf Einweisungsrechte. Wir kennen die Meinung des Rechnungshofs. War der Verzicht vorher?
Antwort:
Vorweg: Der Rechnungshof hat im Zuge der Prüfung der BUWOG, die im Juni bis August 2002 stattfand, die Ausschreibung und Vergabe der Beratungsleistungen an Lehman Brothers nicht geprüft. In diesem Bericht wurde erwähnt, dass der Zuschlag an Lehman Brothers erst im September 2002 erfolgte.
Der Rechnungshof hat im Zuge der Prüfung des Verkaufs der Bundeswohnbaugesellschaften , die vom April 2005 bis Mai 2005 stattfand, die Ausschreibung und Vergabe an Lehman Brothers nicht geprüft.
Frage 3: Gab es nach ihrer Wahrnehmung einen Auftrag an den Rechnungshof, Lehmann Brothers zu prüfen bzw. welche Verpflichtungen oder Vorschriften hatte der Rechnungshof bei einer allfälligen Prüfung des Beratervertrags zu beachten?
Antwort:
In den meisten Fällen entscheidet der Rechnungshof selbst, was wann geprüft wird.. Ich habe keine Informationen darüber, ob der Rechnungshof vom Parlament eine Auftrag erhielt. Ich nehme an, dass der Rechnungshof aus eigenem Entschluss die beiden Prüfungen durchgeführt hat.
Hinsichtlich der Frage nach der Verantwortung des Rechnungshofs bei seinen Prüfungen verweise ich auf das Bundesverfassungsgesetz sowie auf das Rechnungshofsgesetz.
Dort ist festgelegt, nach welchen Kriterien der Rechnungshof zu prüfen hat. Aus meiner Sicht war vor allem das Kriterium „ Zweckmäßigkeit" bei beiden oa. Prüfungen von größter Bedeutung.
Frage 4: Zur Zinsersparnis – Dividenden? Nach den mir vorliegenden Informationen ...vor Einleitung der Verkaufsmaßnahmen sei die Wirtschaftlichkeit zu beachten.. , dass ab einem Verkaufserlös von 500 Mill. EURO ein Verkauf wirtschaftlich wäre ( Zinsersparnis übersteigt die jährliche Dividendenerwartung ). Was können sie zu den Ausführungen des Rechnungshofs sagen?
Antwort:
Ich verweise auf die genaue Formulierung im ersten Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofs
„Die Veräußerung wäre daher dann wirtschaftlich, wenn die sich
aus der geringeren Staatsschuld ergebende Zinsersparnis höher wäre als der Einnahmenausfall des Staates aus den abgeführten Gewinnen seiner Wohnbaugesellschaften."
Meinen Beurteilung: Der Veräußerungserlös hätte wesentlich höher sein müssen.
Frage 5: Gibt es aus ihrer Sicht Anhaltspunkte, welchen beizulegenden Wert die Geschäftsanteile der Bundeswohnbaugesellschaften darstellten?
Antwort:
Dieser Punkt ist in meiner Sachverhaltsdarstellung unter Punkt 4 beschrieben.
Den Dokumenten war zu entnehmen, dass rund 60.000 Wohnungen und rund 5,000.000 m2 unbebauter Grundstücke um 860 Mill. EURO verkauft wurden.
Eine erste überschlägige und vorsichtige von mir durchgeführte Rechnung ergab:
Fläche einer Wohnung: Rund 75 m2.
Marktwert einer Wohnung.2000 Rund 1.200 EURO/ m2
Marktwert einer Wohnung (W)
75 (m2) x 1.200 (EURO/m2) = 82.500 €/W
Marktwert aller Wohnungen:
60.000 (W) x 82.500 (EURO/W)= 4.950.000.000 €
rund 5.000.000.000 €
Marktwert eines unbebauten Grundstücks rund 100 €/ m2
Marktwert aller unbebauten Grundstücke:
5,000.000 (m) x 100 (EURO/m2)= 500.000.000 €
Gesamter Marktwert:
Marktwert aller Wohnungen: 5.000.000.000 €
Summe 5.500.000.000
Zusätzlich verweise ich auf meiner Sachverhaltsdarstellung.
Frage 6: Gibt es Bewertungen von dritter Seite, die ihren Rechnungsansatz bestätigen?
Antwort:
Die Durchführung einer solchen Bewertung war eine der Hauptaufgaben des Beraters ( Lehman Brothers). ZB. ist dem Rechnungshofbericht nicht zu entnehmen, welche Bewertungen im Detail durchgeführt worden sind. Der Rechnungshof hat die Ausschreibung und Vergabe und die Leistungserbringung des Beraters nicht geprüft.
Besonders interessant und aussagefähig sind die Feststellungen im Minderheitsbericht des ständigen Unterausschusses im Rechnungshofausschuss vom 14.1.2004. Dieser Minderheitsbericht wurde dem Plenum des Nationalrates vorgelegt und war damit dem Rechnungshof selbstverständlich bekannt.
Frage 7 : Holt sich der Rechnungshof die Unterlagen von der BUWOG oder im Bundesministerium für Finanzen?
Antwort:
Der Rechnungshof musste wissen, dass ab 9.4.2003 ein Antrag auf Durchführung einer Gebarungsüberprüfung durch den ständigen Unterausschusses im Rechnungshofausschusses gestellt und beschlossen wurde.
Darin wurde auf wichtige Punkte hingewiesen:
Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass auch von anderen Personen ein höherer Wert der Bundeswohnbaugesellschaften beigemessen wurde.. Details könne sie in der Umfassenden Sachverhaltsdarstellung entnehmen, die ich in den nächsten Tagen vorlegen werde.
Frage 8: Haben Sie Informationen zur Betrauung von Lehman Brothers durch das BMF insbesondere zu Abstimmungen bzw Sitzungen der damit betrauten Vergabekommission?
Antwort:
Ich habe diesbezüglich keine Dokumente. Ich betone nochmals, dass der Rechnungshof die Vergabe der Beratungsleistungen nicht geprüft hat. Meiner Ansicht nach hätte der Rechnungshof im Anschluss an die Prüfung der BUWOG sofort im Finanzministerium die Ausschreibung und Vergabe der Beratungsleistungen überprüfen müssen. Dem Rechnungshof war bekannt, dass der diesbezügliche Zuschlag im September 2002 erfolgte.
Auch im zweiten Wahrnehmungsbericht des Rechnungshof über die Prüfung des Verkaufs der Bundeswohnbaugesellschaften ist die Ausschreibung und Vergabe der Beratungsleistungen ebenso wenig behandelt worden.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Rechnungshof zusammen mit seinem zweiten Wahrnehmungsbericht vom April 2005 den ersten Wahrnehmungsbericht wiedervorgelegt hat. Er wollte damit offensichtlich demonstrieren, dass es zum Thema BUWOG und BMF eine Vorgeschichte gab.
Frage 9: Können sie aus eigener Wahrnehmung bzw. durch ihnen zugegangene Informationen eine Zeugenaussage zur Vergabe der Beratungsleistungen bzw. zum Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften machen?:
Antwort:
Mir standen nur die Wahrnehmungsberichte, die Protokolle aus dem Parlament und Medienberichte zur Verfügung. Ich habe aufgrund dieser Unterlagen beurteilt, ob die Wahrnehmungsberichte des Rechnungshofs plausibel und vollständig sind. Das Ergebnis habe ich in der Sachverhaltsdarstellung LEDRH 1540 vom 29.9.2010 zusammengefasst.
Frage 10: Wir haben Interesse an einer Darstellung wie der Ablauf einer Prüfung erfolgt, welche Stufen vorgesehen sind , ob es Änderungswünsche gibt etc. Antwort: Zunächst erhält in der Regel der zuständige Abteilungsleiter einer Prüfungsabteilung vom Präsidenten des Rechnungshofs einen Auftrag. Darin ist der Prüfungsgegenstand generell beschrieben. Es war üblich, dass der Inhalt der Prüfung mit den Prüfern, dem Abteilungsleiter, dem Sektionschef und dem Präsidenten des Rechnungshofs besprochen wird. Frage 11 : Umfasst ein Prüfungsteam mehrere Personen? Antwort: Für jede Prüfung sind Schwerpunkte vorgesehen. Die Prüfungsberichtsentwürfe gehen an den Abteilungsleiter. Der Prüfungsleiter ist von der Aufgabenstellung bis zum Berichtsentwurf voll informiert. Vom Prüfungsleiter werden idR. auch Berichtsteile verfasst. Aufgabe des Prüfungsleiters ist auch die Abstimmung zwischen den Prüfern während der Prüfung. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Präsident des Rechnungshofs ab Auftrag während des gesamten Prüfungsverfahrens über die wesentlichen Inhalte und den Verlauf informiert ist. Frage 12: Werden die Wahrnehmungen und Einschätzungen der Prüfer vollinhaltlich in den abschließenden Prüfungsfeststellungen übernommen, bzw. welche Personen können / dürfen Anmerkungen zum Prüfbericht machen?: Antwort: Der Regelfall sollte sein, dass die Feststellungen der einzelnen Prüfer vollinhaltlich übernommen werden. Um dieses Ziel zu erreichen ist ein intensive Abstimmung im Prüfungsteam unbedingt erforderlich. Schwierig wird die Situation, wenn der Prüfer eine andere Auffassung vertritt als sein Vorgesetzter. Bei einer genauen Beurteilung der erwähnten Wahrnehmungsberichte ergeben sich einzelne wichtige Fragen: Wer hat die Prüfung geleitet? Welche Schwerpunkte wurden gesetzt Wie lauteten die Zielvorgaben? Wie wurde die Prüfung begleitet? Wie hat die Hierarchie agiert bzw. reagiert? Frage 13: Welche Personen sind eventuell berechtigt, innerhalb des Rechnungshofs Korrekturen durchzusetzen? Antwort: Dieser Vorgang zwischen den genannten Personen ist idR. genau dokumentiert und nachvollziehbar. Das Prüfungsergebnis, das vom Präsidenten des Rechnungshofs approbiert ist, wird der geprüften Stelle mit dem Ersuchen um eine Äußerung innerhalb einer bestimmten Frist übermittelt. Nach dem Erhalt der Äußerung gibt der Rechnungshof eine Gegenäußerung ab. Danach wird der Wahrnehmungsbericht dem Parlament zugeleitet. Ab diesem Zeitpunkt ist dieses Dokument öffentlich zugänglich. Bemerkung Ermittler: Wir werden mit dem Staatsanwalt sprechen bzgl. der Einsicht in die Unterlagen im Rechnungshof. Antwort: Ich verweise auf meine Umfassende Sachverhaltsdarstellung. Am Ende werden unter Punkt 35 Zusammenfassung aktuelle Fragestellungen aufgelistet. Ich gebe eine Anregung: Sämtliche mit dem Fall betrauten Mitarbeiter inklusive dem ehemaligen Präsidenten Dr. Fiedler und dem jetzigen Präsidenten Dr. Moser zu befragen. Aus meiner Sicht ist die Angelegenheit nur aufklärbar, wenn alle im Rechnungshof vorliegenden Unterlagen eingesehen und beigeschafft werden.
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