SFH-13805 Die verpatzte Medienoffensive eines Verfassungsrichters, 28.09.2016 | 18:29 | von Philipp Aichinger und Benedikt Kommenda (Die Presse) . Johannes Schnizer rückte aus, um die Aufhebung der Präsidentenstichwahl zu erklären. Stattdessen lenkte die Aufmerksamkeit auf seine persönliche Präferenz.
http://diepresse.com/home/politik/bpwahl/5093106/Die-verpatzte-Medienoffensive-eines-Verfassungsrichters?direct=5093258&_vl_backlink=/home/politik/bpwahl/5093258/index.do&selChannel= . Wien. Mit der Medienoffensive von Verfassungsrichter Johannes Schnizer war es rasch wieder vorbei: „Er ist für Journalisten diese Woche nicht mehr zu sprechen", hieß es am Mittwoch aus dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). . Schnizer wollte im „Falter" und in der ZiB2 am Dienstagabend erklären, dass und warum die Aufhebung der Präsidenten-Stichwahl voll auf der jahrzehntelang verfolgten Linie des Höchstgerichts liege, dieses also grundlos kritisiert werde. Doch Schnizer hat damit den VfGH erst vollends ins Gerede gebracht. Indem er einerseits der FPÖ unterstellte, die Anfechtung von langer Hand vorbereitet zu haben, und andererseits seine Präferenz für den grünen Kandidaten, Alexander Van der Bellen, ausdrückte. Warum macht Schnizer das? Ihn selbst kann man aus eingangs erwähnten Gründen nicht fragen. Für Dieter Böhmdorfer, einst Justizminister für die FPÖ in der schwarz-blauen Koalition und nun mit seiner Anwaltskanzlei federführend bei der Wahlanfechtung, liegt Schnizers Motiv auf der Hand: Er wolle Van der Bellen nützen, indem er einen Spalt in die Gesellschaft treibe. Nach dem Motto: „Hier sind die Bösen, die die Wahlanfechtung kriminell vorbereiten, dort die Guten", so Böhmdorfer zur „Presse". „Mensch im Beamtentempo" Schnizer hatte seine „Einschätzung" zum Besten gegeben, wonach die sehr umfangreiche Anfechtungsschrift samt Beilagen nicht innerhalb der nur einwöchigen Anfechtungsfrist hätte erstellt werden können. Dazu Böhmdorfer: „Das ist allein die Vermutung eines Menschen, der ein Leben lang im Beamtentempo gearbeitet hat." In einem Schreiben an VfGH-Präsident Gerhart Holzinger erklärten Böhmdorfer und sein Kanzleipartner Rüdiger Schender an Eides statt, dass sie erst Tage nach dem Stichwahltermin (22. Mai) von der möglichen Anfechtung erfahren hätten und am 31. Mai daran zu arbeiten begonnen hätten. Für die Anwälte sei nicht der geringste Hinweis erkennbar gewesen, dass die Anfechtung schon vor dem 22. Mai vorbereitet worden wäre. „Das hat eine politische Verleumdungstangente und würde bedeuten, dass wir alle berufsethischen Grundsätze über Bord geworfen hätten", sagt Böhmdorfer. Er schrieb Holzinger, er hoffe, dass sich der VfGH von der Diffamierung distanziere. Holzinger antwortete Böhmdorfer ebenfalls per Brief. Es gebe keine Notwendigkeit, dass sich der Gerichtshof von Schnizers Aussagen distanziere. „Bei den Ausführungen von Dr. Schnizer handelt es sich, wie er auch selbst betont hat, um seine reine Privatmeinung, für die er naturgemäß selbst die Verantwortung trägt", erklärte Holzinger. Im übrigen seien „für den Gerichtshof Spekulationen, wann eine Anfechtung vorbereitet worden ist, bedeutungslos". Bewerbung als VfGH-Präsident? Schnizers Medienoffensive ist auch bemerkenswert, weil nächstes Jahr ein Nachfolger für VfGH-Präsident Holzinger bestellt wird. Holzinger scheidet Ende 2017 mit 70 aus dem Gerichtshof aus. Er ist CVer, wurde aber auf einem roten Ticket VfGH-Präsident, zumal er sich als einstiger Chef des Verfassungsdiensts das Vertrauen von SPÖ-Kanzlern erarbeitet hatte. Daher stünde nach Koalitionskonvention der SPÖ die Nachbesetzung seines Postens zu. Schnizer stammt aus konservativem Elternhaus (sein Vater war Kirchenrechtsprofessor), ist aber Sozialdemokrat und war Kabinettchef von Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ). Schnizer könnte sich also mit seinen Auftritten für den Präsidentenposten in Stellung bringen. Andererseits wird in SPÖ-Kreisen schon eine Frau als mögliche künftige VfGH-Präsidentin genannt: Demnach soll Anna Sporrer, derzeit Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtshofes, an die Spitze des VfGH wechseln. [ Foto: Die Presse ] ("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2016) |
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