SFH-141853 Neues Geschäftsfeld Aldi, Lidl und Tengelmann am Wohnungsmarkt: Wenn Supermärkte zu Vermietern werden STERN von Katharina Grimm 27.03.2017, 14:49 Uhr
Deutschlands Supermärkte haben ein neues Geschäftsfeld entdeckt. Statt nur Lebensmittel zu verkaufen, vermieten sie nun auch Wohnungen. Das ist vielleicht nicht unbedingt lukrativ, hat aber einen großen Vorteil.
Es war ein zähes Ringen um die Supermarktfilialen von Kaiser's » Tengelmann.
Am Ende gab es eine Einigung: Edeka und Rewe teilten die Geschäfte
unter sich auf, der Name Tengelmann ist im Lebensmitteleinzelhandel
Geschichte.
Dass » das Firmenimperium von Tengelmann
viel größer ist, wird gern vergessen. So hält das Unternehmen an der
Baumarktkette Obi 74 Prozent und 84 Prozent am Textil-Discounter » Kik.
Deutlich weniger bekannt ist Trei Real Estate. Das
Tengelmann-Tochterunternehmen hat sich auf Immobilien spezialisiert. So
entwickelt die Firma europaweit Einkaufszentren - aber auch Wohnhäuser.
Erst kürzlich wurde in » Köln-Ehrenfeld ein Studentenwohnheim
eröffnet. Ein Grillplatz, Tiefgaragen, eine Lobby, vollmöblierte Räume
und Highspeed-Wlan sind in der Miete für die 18 bis 32 Quadratmeter
großen Zimmer schon eingerechnet, das gilt auch für die Kosten von
Wasser, Strom und Heizung. Zahlen müssen die Bewohner zwischen 410 und
570 Euro im Monat. Eine Nebenkostenabrechnung gibt es nicht.
Auch in » Berlin
soll in diesem Jahr gebaut werden. Das Unternehmen hat für zwei Areale
am Prenzlauer Berg in Berlin Bauanträge gestellt. 246 und 187 Wohnungen
sollen entstehen - sowohl kleine Studentenbuden, als auch große
Familienwohnungen. Hinter diesen Vorhaben steckt Strategie. Laut der "» Immobilienzeitung"
will das Unternehmen sein Handelsimmobilienportfolio bereinigen,
zwischen 2014 und 2015 hatte sich Trei bereits von Logistikimmobilien
getrennt. Damit konzentriert sich Trei auf den Wohnungsmarkt - und will
noch mehr. Denn Köln gilt als Pilotprojekt. Trei Real Estate plant, in
weiteren Städten wie Düsseldorf, Hamburg, Berlin, München, Münster und
Aachen ebenfalls Studentenwohnungen zu errichten, berichtet der "» Kölner Stadt-Anzeiger".
Handelskonzerne, die in den Wohnungsmarkt investieren, sind nicht neu -
aber immer noch ungewöhnlich. Erst kürzlich sorgte ein Bauvorhaben des
Discounters Aldi in Hamburg für Aufsehen. Das Unternehmen plant nicht
den üblichen flachen Bau, sondern will in die Höhe gehen, um über der
Discounterfiliale auch noch Wohnraum zu bauen. » Aldi Nord
unterhält bereits einige Wohnprojekte. "Aldi Nord fokussiert sich seit
jeher auf den Verkauf von Lebensmitteln an attraktiven, verbrauchernahen
Standorten", so der Konzern zur "» Immobilienzeitung".
"Die Kombination von Aldi-Märkten mit Wohnraum stellt grundsätzlich
nicht die Regel in Bezug auf unsere Expansionsstrategie dar."
Auch Aldi Süd setzt auf Wohnraum. Doch die Aktivitäten auf dem
Wohnungsmarkt sind nicht immer ganz freiwillig. "Wir haben seit längerer
Zeit in einigen Regionalgesellschaften auch Filialen, die in
Kombination mit Wohnraum eröffnet haben. Dies hängt von
unterschiedlichen Faktoren ab: So werden Wohnungen in Kombination mit
einer Filiale errichtet, um zum Beispiel den jeweiligen Standort
weiterzuentwickeln", lässt Aldi Süd die "» Immobilienzeitung"
wissen. "Teilweise liegen auch städtische Anforderungen vor, die eine
solche Kombination erforderlich machen. Wir realisieren solche Projekte
sowohl in Ballungsgebieten als auch in normalgroßen Städten." Hinter den
"städtischen Anforderungen" stecken wohnungswirtschaftliche
Notwendigkeiten. Denn die » Supermärkte
konkurrieren inzwischen bei unbebauten oder umzunutzenden Flächen mit
dem Wohnungsbau, der in vielen Metropolen der Nachfrage hinterherhinkt.
Denn die Städte stecken in der Zwickmühle: Ihnen selbst fehlt das Geld,
der Wohnungsnot mit eigenen Bauprojekten zu begegnen. Investoren
bringen zwar genug Geld mit, doch sie scheuen den Sozialbau und bauen
lieber hochpreisig. Hier greifen die Supermärkte an. Sie entwickeln ein
Grundstück nicht nur für die neue Filiale, sondern setzen auch noch
günstigen Wohnraum drauf. Mit diesem Schritt erkaufen sie sich ein Stück
Stadtbauentwicklung. So baute der » Discounter Lidl
am bayerischen Tegernsee 17 Wohnungen, die für eine Kaltmiete von 6,50
Euro pro Quadratmeter vermietet werden - ein Schnäppchen für die Region.