SFH-11212 Skandinavischer Müll auf Reisen, Der Standard ,Bianca Blei17. September 2015, 07:00
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Norwegen hat einen speziellen Exportschlager in Schweden: Abfall

http://derstandard.at/2000022311964/Skandinavischer-Muell-auf-Reisen

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Weil die Schweden so brav ihren Mist recyceln, fehlen den Verbrennungsanlagen des Landes 1,6 Millionen Tonnen Abfall. Der muss schließlich aus Norwegen und Großbritannien importiert werden.

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Oslo/Stockholm – Jeden Tag fahren 820 vollbeladene Abfallwägen nach Schweden. Das entspricht etwa 2,3 Millionen Tonnen Mist pro Jahr, Mist, den die Schweden benötigen, um ihren Bedarf an Elektrizität und Wärme zu produzieren. Die schwedischen Abfallverbrennungsanlagen besitzen eine Kapazität von 6,4 Millionen Tonnen pro Jahr.

Doch weil die Bewohner des skandinavischen Landes rund die Hälfte ihres Hausmülls recyceln, fehlen den Verbrennungsöfen etwa 1,6 Millionen Tonnen. Die fehlende Menge holen sich die Betreiber der Anlagen schließlich aus Großbritannien oder Norwegen. 400 schwedische Kronen (43 Euro) erhält eine Müllverbrennungsanlage für eine Tonne Mist, ein Preis, der noch immer unter jenem Norwegens liegt. Die Norweger fahren deshalb nur zu gerne den Abfall ins Nachbarland. Laut dem norwegischen Sender TV2 ist es für die Müllabfuhr aus Voss günstiger, den Mist den ganzen Weg nach Schweden zu transportieren, als ihn im 100 Kilometer entfernten Bergen der Verbrennung zuzuführen.

Gleichzeitig fehlt auch den Norwegern das Abfallvolumen, um ihre Müllverbrennungsanlagen zu füllen und ausreichend Fernwärme zu erzeugen. Im Jahr 2013 musste die Hauptstadt Oslo 45.000 Tonnen aus Großbritannien – genauer Leeds und Manchester – einführen.

"Wir untersuchen im Moment die Auswirkungen dieses Müllhandels auf die Umwelt", sagt Lars Andreas Lunde, Staatssekretär im norwegischen Umweltministerium. Der Bericht der Umweltbehörde liege noch nicht vor. Das Ministerium werde aber entsprechend den Ergebnissen reagieren. "Wir können den freien Handel von Abfall nicht unterbinden", so Lunde: "Aber wir können entsprechende Regulierungen für den Handel einführen."

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Steuererlass als Anreiz

Einen Versuch, den Abfall im eigenen Land zu behalten, hatte die norwegische Regierung bereits 2010 unternommen. Damals strich sie die Steuern für das Lagern biologischen Abfalls. Einen Umschwung hat diese Maßnahme aber nicht gebracht: "Mit diesem Vorgehen haben wir versucht, den Wettbewerb zwischen norwegischen und schwedischen Unternehmen wieder gerechter zu machen", sagt Lunde. Schweden habe nie so eine Steuer erhoben. Und der östliche Nachbar sei noch immer effizienter, weil die Emissionsabgaben niedriger sind.

Dass norwegische Unternehmen nicht nur harmlosen Hausmüll außer Landes bringen, zeigte die öffentliche Aufregung um gefährlichen Abfall im Sommer. Schwedische und norwegische Medien berichteten von leicht radioaktivem Ölabfall, der in der schwedischen Verbrennungsanlage Sysavs entdeckt worden war. Auch wurden Computer und anderer Elektromüll, der Blei beinhaltete, nach China geschickt. Das giftige Schwermetall darf allerdings nicht aus der OECD-Zone exportiert werden.

Überhaupt kämpft die norwegische Regierung im Moment mit Sondermüll. Nach Schätzungen des Umweltministeriums wird das Lager für gefährlichen Abfall, rund 20 Kilometer von Oslo entfernt, bis zum Jahr 2026 die Kapazitätsgrenze erreichen. Die Standortsuche gestaltet sich schwierig: Keine Gemeinde möchte den Sondermüll vor ihrer Haustür wissen. (Bianca Blei, 17.9.2015)

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