SFH-142897 Noch keine Apokalypse: „Nicht so kompliziert wie gedacht" taz lab, 03.02.2023 | Von ARON LENNY TEUSCHER xxxxxxxxxx Anders LeverAnderAnders Levermann: Wir leben tatsächlich in einer Klimakrise und wir können es uns nicht leisten, den Klimawandel weiter anzufachen. s Levermann: Wir leben tatsächlich in einer Klimakrise und wir können es uns nicht leisten, den Klimawandel weiter anzufachen. mann: Wir leben tatsächlich in einer Klimakrise und wir können es uns nicht leisten, den Klimawandel weiter anzufachen. xxxxxxxxxxxx https://taz.de/Noch-keine-Apokalypse/!5910598/ xxxxxxx taz lab: Herr Levermann, leben wir in einer Klimakrise, Klimakatastrophe oder gar einer Klimaapokalypse? Anders Levermann: Wir leben tatsächlich in einer Klimakrise und wir können es uns nicht leisten, den Klimawandel weiter anzufachen. Ich sage aber bewusst nicht Katastrophe und auch nicht Apokalypse. Wir erleben zwar heute schon heftige Klimafolgen. Aber wir sind noch nicht ansatzweise an dem Punkt angekommen, wo wir hinkommen werden, wenn wir den Klimawandel weiter entfachen. Deshalb ist es nicht hilfreich, zu sagen, dass wir heute schon in einer Apokalypse leben. Das relativiert die Klimakrise. Es wird noch viel, viel schlimmer werden, wenn wir nichts tun. Woran liegt es, dass die Menschen den Geboten, die aus der Klimakrise folgen, nicht so Folge leisten wie zum Beispiel während der Corona-Pandemie? ANDERS LEVERMANN Anders Levermann, Jahrgang 1973, ist Physiker und Klimawissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Auf dem taz lab spricht er mit uns über Zuversicht in der Klimakrise. Foto: PIK/Karkow Unsere Entscheidungsstrukturen sind nicht für so ein Problem gemacht. Es ist ein unfassbar schwieriges Problem. Denn es muss erstens weltweit gelöst werden und zweitens weit bevor die tatsächlichen Folgen eintreten. Das macht es unglaublich unattraktiv für Politiker, klimapolitische Entscheidungen zu treffen, weil sich die Auswirkungen in ihrer Amtszeit in der Regel nicht materialisieren werden. So fehlen direkte Anreize für klimapolitische Entscheidungen. Nur die Bevölkerung kann solche Anreize setzen, indem sie Politikerinnen und Politiker wählt, die etwas verändern. Was brauchen wir denn konkret, um von der Klimakrise zu einer wirklichen Transformationspolitik zu kommen? Wir müssen uns klarmachen, dass das Klimaproblem nicht so kompliziert ist, wie viele denken. Das Argument der Kompliziertheit hat in der Vergangenheit immer dazu geführt, dass Leute ernüchtert waren und aufgaben. Das Klimaproblem entsteht schlicht durch das Verbrennen von Öl, Gas und Kohle. Der Trick ist, diese in der Erde zu belassen; und das ist schwierig genug. Müssen wir uns dafür vom Wachstum verabschieden? Das ist ein völlig verständlicher Ansatz, und in einem gewissen Rahmen gehe ich da auch mit. Auf einem endlichen Planeten müssen wir tatsächlich irgendwann vollständig aufhören, Ressourcen zu verbrauchen, die nicht nachwachsen. Aber wir müssen dafür nicht auf Wachstum verzichten. Wirtschaftswachstum ist das Versprechen, dass es der nächsten Generation besser geht als der vorherigen und ich habe große Sorge, dieses Versprechen aufzugeben. Ich stelle der „degrowth"-Idee stattdessen das aus der Mathematik stammende Konzept der Faltung entgegen. Faltung entsteht, wenn man einem sich entwickelnden System eine Grenze setzt; zum Beispiel: Es darf kein CO2 mehr ausgestoßen werden. Weil die Gesellschaft diese Grenze sieht, ändert sie ihr Wertesystem so, dass sie nicht gegen diese Grenze stößt. Der Pfad, auf dem sich die Gesellschaft befindet, faltet sich zurück, bleibt damit im endlichen Raum, jedoch ohne zu stagnieren. Das bedeutet Faltung: Wachstum in die Diversität statt ins Grenzenlose. Wir finden immer neue Wege unser Leben zu verbessern, innerhalb der von der Natur gegebenen Grenzen. Und das braucht Regulation? Absolut. Wir sollten keine Angst vor Verboten haben. Das ist auch nichts Neues. Es gibt viele Dinge, die schon heute verboten sind: beliebig lange Arbeitszeiten, Kinder- oder Sklavenarbeit. Was wir aber in der Vergangenheit falsch gemacht haben, ist, dass wir Verbote zu einem Mikromanagement haben verkommen lassen. Wir sollten nur das verbieten, was wir im engeren Sinne verbieten wollen, und innerhalb dieser Grenzen Freiheit erlauben. taz lab Eintrittskarten Jetzt Streaming-Pass für das taz lab 2023 sichern. Ein Beispiel: Man sollte nicht das Fliegen verbieten, sondern den CO2-Ausstoß. Dieses Verbot könnte definitiv dazu führen, dass wir nicht mehr fliegen können. Wenn wir es aber schaffen, zu fliegen, ohne CO2 auszustoßen, warum sollten wir es dann verbieten? Nicht das Fliegen ist das Problem, sondern die damit verbundene Verschmutzung. Sie haben vor ein paar Monaten in einem Gastbeitrag bei taz.FUTURZWEI geschrieben, die „Überwindung fossiler Brennstoffe […] kann uns in eine geradezu fantastische Zukunft führen". Was ist Ihre Utopie? Es ist wirklich furchtbar, dass wir der jungen Generation als einzige Utopie die Verhinderung einer Katastrophe bieten können. Tatsächlich bin ich davon überzeugt, dass wir das Klimaproblem in den Griff bekommen. Und zwar, indem wir in den großen, wirtschaftsstarken Ländern der Welt – Nordamerika, Europa und China – gleichzeitig in Richtung Null-Emissionen gehen. Das wird nicht über Nacht passieren, sondern in den kommenden 20 Jahren. Aber wenn diese kein CO2 mehr produzieren und auch nicht importieren, dann kriegen wir damit die gesamte Welt CO2-neutral. Wenn wir es aber geschafft haben, als Weltgemeinschaft so ein großes Problem zu lösen, dann können wir die Erneuerbaren Energien benutzen, um die noch größere Herausforderung der Nachhaltigkeit zu erreichen. Es ist ja selbstverständlich, dass wir auf einem endlichen Planeten irgendwann nur noch Materialien verwenden können, die nachwachsen oder die wir schon einmal verwendet haben. Für solch ein perfektes Recycling braucht man nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik sehr viel Energie, aber die liefert die Sonne direkt oder bekommt man über den Wind. Wenn wir das umsetzen, können wir tatsächlich irgendwann im Einklang mit unserem Heimatplaneten leben, während wir uns als Menschheit immer weiter entwickeln. Das ist eine sehr schöne Utopie.
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