Wenn jemand eine Photovoltaikanlage betrachtet und dich fragt,woher die Solarzellendarin wohl stammen, liegst du mit einer Antwort zu 98 Prozent richtig:Asien.
Man kann es auch auf ein einzelnes Land beschränken undChinasagen. Dann liegt die Trefferrate immer noch bei77,7 Prozent.
Für jemanden, der diese Antwort immer noch zu diffus findet und gerne wissen will, wer gerade die großen Player im Photovoltaikbereich sind, wie es dazu kam und welche Technologien künftig am erfolgversprechendsten sind, gibt es hier ausführlichere Antworten.
Solarenergie-Boom
Die Stromgewinnung mittels Sonnenlicht erlebt momentan einen enormen Aufschwung.767 Gigawattbeträgt derzeit die weltweite Kapazität von Photovoltaikanlagen.145 GWdavon sind laut den jüngsten Statistiken der» internationalen Energieagenturalleine im Jahr 2020 hinzugekommen.
4 Prozent des globalen Strombedarfswerden bereits durch Photovoltaik gedeckt. Künftig soll es noch wesentlich mehr werden. "Es ist mit Abstand die billigste Form der Stromerzeugung. Künftig wird Photovoltaik 60 Prozent der globalen Stromproduktion oder mehr bewerkstelligen", ist Hubert Fechner, Obmann der» Technologieplattform Photovoltaik,überzeugt.
Europa die Führerschaft entrissen
Von dem Boom profitieren momentan vor allem chinesische Unternehmen. Das war nicht immer so. "Ab 1998, 1999 sind die ersten Märkte für Solarmodule entstanden", erzählt Fechner.Zunächstwaren es vor allemeuropäische Unternehmen, die PV-Zellen und -Module produzierten. Ab 2010 habe man gesehen, dass die Märkte größer werden. PV als erneuerbare Energiequelle wurde großes Potenzial zugestanden, um die Energiewende zu vollziehen und das Klima zu schützen.
In einem cleveren strategischen Zug begannChinaeigene Unternehmen dabei zu unterstützen,PV-Produktionen hochzuziehen, meist mit europäischer Herstellungstechnologie. China begann auch, riesige PV-Anlagen zu installieren. Bis heute ist das Land beim Solarstromausbau mit Abstand führend, wie» Zahlen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesystemezeigen. "Vor allem durch niedrigere Personalkosten und bessere regulatorische Rahmenbedingungen ist die PV-Produktion immer mehr nach Asien gewandert", so Fechner.
Big Player aus China
Besonders dominant ist die Position Chinas momentan bei der Herstellung vonAusgangsmaterialien für Solarzellen. Wafer, die Grundlage für Solarzellen aus Siliciumkristallen (die am meisten verbreitete Form), kommen» zu 96 Prozent aus China. Auch Zellen und ganze Module (zu einem Paneel zusammengesetzte Zellen) kommen großteils aus China. BeiModulenist der Marktanteil mit 69,8 Prozent noch am geringsten. Sie werdenauch in vielen anderen Ländernder Welt hergestellt, darunter Österreich.
Welche chinesischen Unternehmen sind denndie größten im PV-Bereichund wo genau sind sie daheim? Der aktuell größte Hersteller von Solarzellen ist die Firma» Tongwei Solar. Sie hat allein 2020 Zellen» mit einer Gesamtleistung von 21,4 GW produziert. Ansässig ist sie in Hefei (ca. in der Mitte zwischen Wuhan und Shanghai). Ebenfalls kennen sollte man die Firma» LONGi. Sie war 2020 mit 26,6 GW der bei weitem größte Modulhersteller und der nach Tongwei zweitgrößte Zellenhersteller.
LONGi kommt aus der Stadt Xi'an und ist Mitglied derSilicon Module Super League, einer Vereinigung der weltgrößten Modulhersteller. Ihr gehören auch andere Big Player im PV-Bereich an, wie» Jinko Solar(Shanghai),» Trina Solar(Changzhou),» JA Solar(Peking) oder» Canadian Solar(von einem Chinesen in Guelph, Kanada, gegründet, Produktion in China). Die» Silicon Module Super Leaguehat die Ambition, die effizientesten Solarzellen anzubieten.
Veränderung bei Zelltechnologien
Dank großer Investitionen in Forschung und Entwicklung konnte dieEffizienzalleine in den vergangenen 10 Jahren von durchschnittlich 15 auf nunmehr 20 Prozentgesteigertwerden. D.h. 20 Prozent der auf die Solarzelle treffenden Sonnenenergie wird in Strom umgewandelt.
Auf der Jagd nach immer größerer Effizienz hat sich die PV-Zellenproduktion in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Waren vor wenigen Jahren noch» polykristalline Siliciumzellengroß angesagt, sind es derzeit vor allemmonokristalline Zellen. Dünnschichtzellen, denen früher u.a. aufgrund wesentlich geringeren Materialeinsatzes großes Potenzial zugerechnet wurde, konnten sich dagegen nicht durchsetzen. Ihre Effizienz liegt einige Prozent unter jener von monokristallinen Siliciumzellen.
Die effizientesten monokristallinen Zellen am Markt kommen auf eine Umwandlungsrate von26 Prozent, bei Modulen liegt der aktuelle Bestwert bei rund 24 Prozent. Der Effizienzsteigerung bei kristallinen Siliciumzellen sindGrenzengesetzt, wie Hubert Fechner erklärt. "Silicium kann vom Sonnenlichtspektrum nur einen bestimmten Teil verwerten, eher den längerwelligen (rötlichen) Bereich. Mehr als 30 Prozent kann also mit Silicium niemals in Strom umgewandelt werden."
Renaissance mit Photovoltaik 2.0
Das Problem kann man umgehen, indem man Silicium mit anderen Zelltechnologien zu» Tandem-Solarzellenvereint. Silicium wird dabeischichtweisemit anderen Zelltypenkombiniert, etwa Cadmiumtellurid (CaTe) oder Perowskit. Jede Schicht kann unterschiedliche Teile des Sonnenlichtspektrums verwerten. "Dadurch kommt man aufWirkungsgrade von 47 Prozent. Das theoretische Maximum liegt bei etwa 70 Prozent. Da ist also noch sehr viel drin", meint Fechner. Für Europa ergebe sich hier eine Chance, denn: "Die Photovoltaik 1.0 ist nach China abgewandert, aber die Photovoltaik 2.0 könnte in Europa produziert werden."
Ein Beispiel, wie dieRenaissance der europäischen Solartechnologielaufen könnte, liefert die Schweizer Firma» Meyer Burger. Sie ist Weltmarktführer bei der Maschinenausstattung von Solarfabriken, will aber zunehmend selbst zum Produzenten werden und sich auf hocheffiziente Tandem-Zellen spezialisieren. Produziert wird in Deutschland. In den vergangenen Jahren sind die Herstellungskosten für Solarzellen gesunken, die Produktion läuft weitgehend automatisch. Werden die Produkte lokal verkauft,» ergibt sich ein Vorteilgegenüber chinesischen Produzenten aufgrund geringerer Transportkosten.
AuchÖsterreichist drauf und dran, eine erfolgversprechende Nische im PV-Bereich zu besetzen. "Die Entwicklung vonPV-Systemen zur Gebäudeintegrationist von strategischer Bedeutung", heißt es in einem» Bericht des BMK. "Solarzellen lassen sich nicht nur in Gebäudedächer integrieren, sondern auch in die Fassade, in Fenster, in Straßenbeläge und Parkräume. In diese Richtung wird sehr viel kommen", ist Fechner überzeugt. Die Firma» Ertex Solaraus Amstetten ist in diesem Bereich bereits seit einiger Zeit tätig.
Auf die Frage, ob esgenügend Ressourcenfür die Flut neuer Photovoltaikanlagen und -entwicklungen in den kommenden Jahren gebe, meint der Experte: "Silicium gibt es genügend. In der Natur kommt es in Schotter und Sand vor. Außerdem braucht man Glas, Kupfer und Silber - als Zellverbinder. Von Silber versucht man wegzukommen."
In Zukunft werdeRecyclingeinimmer wichtigeres Thema. Weil der PV-Markt erst in den vergangenen Jahren so stark gewachsen sei, sei die Rücklaufquote derzeit noch gering. "Jetzt ist es aber eine akzeptierte Massentechnologie und dadurch stellt sich immer mehr die Frage, was mit den Millionen Modulen passiert, die ab 2030 ausgemustert werden."
Laut Fechner setzen sich immer mehr Firmen mit der Thematik auseinander, entweder um PV-Module und -zellen selbst zu verwerten oder so zu gestalten, dass ihre Materialien am Ende ihrer Einsatzzeitmöglichst sortenrein getrenntund anschließendwiederverwertetwerden können.