SFH-0992 Brief Dr. Lederbauer an BM Dr. Ursula Plassnik vom 27.11.2008 zum Thema " Ausscheiden aus der Regierung, Views des UN Menschenrechtsausschusses, CCPR ".
Dr. Lederbauer bekundet seine Hochachtung zum Entschluss von BM Dr. Plassnik , aus der Regierung auszuscheiden. Er meint, Sie habe damit gezeigt, dass ihre persönliche Haltung zu bestimmten politischen Fragen wichtiger ist als ein aus ihrer Sicht problematischer Kompromiss.
Frau
Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik
Bundesministerium für
europäische und internationale Angelegenheiten Minoritenplatz 8 A-1014 Wien
vorab per email: » ursula.plassnik@bmeia.gv.at
Ausscheiden aus der Regierung, Views des UN Menschenrechtsausschusses, CCPR
Wien, 27.11.2008
Sehr geehrter Frau Bundesministerin,
gestatten Sie mir, Ihnen meine Hochachtung vor Ihrem Entschluss, aus der Regierung auszuscheiden zu bekunden. Sie haben damit gezeigt, dass Ihre persönliche Haltung zu bestimmten politischen Fragen wichtiger ist als ein aus Ihrer Sicht problematischer Kompromiss.
Sie haben in Ihrer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zum Thema
„ Durchsetzung von Menschenrechten „ ebenfalls eine klare Haltung eingenommen:
» SFH-0844 / Parlamentarische Anfrage der GRÜNEN vom 22.03.2006 an Außenministerin Dr. Plassnik zur Frage der Umsetzung der VIEWS des MRA in der Causa PERTERER
» SFH-0395 / Anfragebeantwortung BM Dr. Plassnik vom 18.05.2006 zur parlamentarischen Anfrage der GRÜNEN vom 22.03.2006
Sie schreiben ua:
„ Der anlässlich der Genehmigung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte gefasste Beschluss des Nationalrats, dass „dieser Staatsvertrag ... im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen" ist (sog. „Erfüllungsvorbehalt") macht den Pakt nicht völkerrechtlich unverbindlich, sondern schließt nur seine unmittelbare Anwendbarkeit aus. Der Erfüllungsvorbehalt wurde im Hinblick darauf, dass die „durch den Pakt garantierten Grundrechte ... zum überwiegenden Teil schon jetzt in der österreichischen Rechtsordnung gewährleistet" waren, beschlossen, um „ein der Rechtssicherheit abträgliches Nebeneinanderbestehen solcher Bestimmungen und derogatorische Wirkungen auf die österreichische Grundrechtsordnung zu vermeiden" (sh. 230 der BlgNR, XIV. GP)."
Die Notwendigkeit eines generellen Erfüllungsgesetzes wurde bei der Ratifikation des Paktes offenbar nicht gesehen."
Sie sind also offenbar der Auffassung, dass die durch den Pakt garantierten Grundrechte in Österreich verbindlich sind und auch beachtet werden, weshalb ein Ausführungsgesetz zum CCPR gar nicht notwendig sei.
Es stellt sich allerdings nach wie vor die Frage, was passiert, wenn diese Grundrechte verletzt werden und ein Beschwerdeführer beim UN Menschenrechtsausschuss (UN MRA) Recht bekommt.
Wie Sie aus den Fällen Perterer gegen Österreich
» SFH-0143 / UN Menschenrechtsausschuß - VIEWS vom 20.07.2004 PERTERER vs AUSTRIA (nicht amtliche) Übersetzung ins Deutsche durch das Bundeskanzleramt
und Lederbauer gegen Österreich
» SFH-0767 / MRB Lederbauer gegen Österreich - nicht amtliche Übersetzung der Views vom 13.07.2007 durch das BKA ins Deutsche Views vom 13.07.2007, CCPR 1454/2006
wissen, weigerte sich die österreichische Bundesregierung ( Schüssel und Gusenbauer ) die Entscheidungen des UN MRA umzusetzen. Diese Haltung ist in demokratiepolitischer Hinsicht absolut untragbar.
Aber lassen Sie mich noch auf eine Veröffentlichung des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten - Der Vertrag von Lissabon - Die EU- Reform 2007 im Überblick eingehen:
Auszüge:
„Die EU wird demokratischer
Stärkung der Bürgerrechte
Grundrechte waren bislang nicht Bestandteil der EU Verträge. Das ändert sich mit dem Vertrag von Lissabon. Die Union erhält mit der EU-Charta der Grundrechte den modernsten Grundrechtskatalog der Welt.
Durch die rechtsverbindliche Verankerung der Charta können die Bürgerinnen und Bürger beim Europäischen Gerichtshof klagen, wenn sie sich durch einen europäischen Rechtsakt in ihren Grundrechten verletzt fühlen.
…
Die EU erhält somit einen klaren und umfassenden Katalog der Grundrechte in einer verständlichen Sprache.
Da der Reformvertrag der EU eine Rechtspersönlichkeit zuerkennt, kann die Union der Europäischen Menschenrechtskonvention des Europarats beitreten. Dies stärkt europaweit den lückenlosen Grundrechtsschutz und entspricht einer jahrelangen Forderung Österreichs. In Österreich stehen die Rechte und Freiheiten der Europäischen Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang.
Mit Inkrafttreten des neuen EU Vertrags wird der Rechtsschutz für Bürgerinnen und Bürger vor dem Europäischen Gerichtshof erweitert. Es wird für Bürgerinnen und Bürger leichter, direkt Klagen beim Europäischen Gerichtshof einzubringen."
Von einer „ Stärkung des lückenlosen Grundrechtsschutzes „ zu schreiben halte ich für durchaus problematisch, zumal im BMeiA seit langer Zeit bekannt ist, dass die Grundrechte und Menschenrechte im CCPR und in der Europäischen Menschenrechtskonvention wohl definiert sind, aber eine Verletzung dieser Rechte praktisch keine Konsequenzen hat.
Dr. Perterer und ich haben uns diesbezüglich im Rahmen der Österreich weiten Diskussion über den Reformvertrag zurückgehalten, da wir annahmen, dass die Views des UNMRA von der österreichischen Bundesregierung auch umgesetzt werden.
Nachdem sich nun die österreichische Bundessregierung in beiden Fällen geweigert hat, die Views des UNMRA auch umzusetzen und sogar Höchstgerichte die einschlägigen Klagen bzw Anträge abgewiesen haben, werden wir diese Problematik nun in Österreich, Europa und auf internationaler Ebene intensiv zur Diskussion stellen.
Ich hoffe, dass Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, unsere konsequente Haltung verstehen werden und sich nun auf parlamentarischer Ebene für ein Ausführungsgesetz einsetzen werden.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Wolfgang Lederbauer
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