SFH-142242 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Eingereicht von: Wolfgang Lederbauer (rechtsfreundlich vertreten durch Alexander H.E. Morawa)

90. Tagung 9.-27. Juli 2007 AUFFASSUNG Mitteilung Nr. 1454/2006Eingereicht von: Wolfgang Lederbauer (rechtsfreundlich vertreten durch Alexander H.E. Morawa) Angebliches Opfer: der Beschwerdeführer Vertragsstaat: Österreich Datum der Mitteilung: 27. September 2005 (erste Vorlage)

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Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Verteilung: BESCHRÄNKTCCPR/C/90/D/1454/2006 7. August 2007Übersetzung ins DEUTSCHE Original: ENGLISCHAusschuss für Menschenrechte 90. Tagung 9.-27. Juli 2007 AUFFASSUNG Mitteilung Nr. 1454/2006Eingereicht von: Wolfgang Lederbauer (rechtsfreundlich vertreten durch Alexander H.E. Morawa) Angebliches Opfer: der Beschwerdeführer Vertragsstaat: Österreich Datum der Mitteilung: 27. September 2005 (erste Vorlage) Dokumentverweise: Entscheidung des Sonderberichterstatters gemäß Art. 97, die dem Vertragsstaat am 16. Februar 2006 übermittelt wurde (nicht in Form eines Dokuments erstellt) Datum der Annahme der Auffassung: 13. Juli 2007 ----------------------- * veröffentlicht durch Entscheidung des Ausschusses für Menschenrechte 2Gegenstand: Disziplinarische Entlassung eines Beamten wegen Leitung eines privaten Unternehmens Materiell-rechtliche Fragestellung: Recht auf faire und öffentliche Verhand-lung durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht – Verzögerung des Verfahrens – Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz und gleicher Schutz durch das Gesetz Verfahrensrechtliche Fragestellung: Zulässigkeit ratione personae und ratione materiae – Ausmaß der Begründung des Vorwurfs – Vorbehalt des Vertrags-staates zu Art. 5 Abs. 2 lit. a des Fakultativprotokolls – Erschöpfen der inner-staatlichen Rechtsmittel Artikel des Paktes: Art. 14 Abs. 1; Art. 26 Artikel des Fakultativprotokolls: Art. 1, Art. 2, Art. 3 und Art. 5 Abs. 2 lit. a und b Am 13. Juli 2007 nahm der Ausschuss für Menschenrechte den Text im Anhang als Auffassung des Ausschusses gemäß Art. 5. Abs. 4 des Fakultativ-protokolls zur Mitteilung Nr. 1454/2006 an. [Anhang] 3ANHANG Auffassung des Ausschusses für Menschenrechte gemäß Art. 5 Abs. 4 des Fakultativprotokolls zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte 90. Tagung betreffend Mitteilung Nr. 1454/2006** Eingereicht von:Wolfgang Lederbauer (rechtsfreundlich vertreten durch Alexander H.E. Morawa) Angebliches Opfer:der Beschwerdeführer Vertragsstaat: Österreich Datum der Mitteilung: 27. September 2005 (erste Vorlage) Der Ausschuss für Menschenrechte, der gemäß Artikel 28 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte eingerichtet wurde, Zusammengetreten am 13. Juli 2007, Nach abgeschlossener Prüfung der Mitteilung Nr. 1454/2006, die im Namen von Wolfgang Lederbauer gemäß Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte beim Ausschuss für Menschenrechte eingereicht wurde, Unter Berücksichtigung aller ihm vom Beschwerdeführer der Mitteilung und dem Vertragsstaat zur Verfügung gestellten schriftlichen Angaben, Nimmt Folgendes an: --------- ** Folgende Mitglieder des Ausschusses nahmen an der Prüfung der vorliegenden Mitteilung teil: Abdelfattah Amor, Prafullachandra Natwarlal Bhagwati, Christine Chanet, Yuji Iwasawa, Edwin Johnson, Walter Kälin, Ahmed Tawfik Khalil, Rajsoomer Lallah, Michael O'Flaherty, Elisabeth Palm, Rafael Rivas Posada, Sir Nigel Rodley, Ivan Shearer and Ruth Wedgwood. 4Auffassung gemäß Art. 5 Abs. 4 des Fakultativprotokolls 1. Der Beschwerdeführer der Mitteilung ist Wolfgang Lederbauer, öster-reichischer Staatsbürger. Er behauptet, Opfer einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1, allein oder in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 26 des Inter-nationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (der Pakt) durch Österreich1 zu sein. Er wird durch Alexander Morawa rechtsfreundlich vertreten. Der Sachverhalt2.1 1981 trat der Beschwerdeführer in den Dienst des Rechnungshofes. Er wurde einer für die Prüfung öffentlicher Krankenhäuser zuständigen Abteilung zugewiesen. 1985 erfand er ein umweltfreundliches Bausystem für Lärm-schutzwände entlang von Autobahnen und Eisenbahnstrecken, das er „Ecowall" nannte. Er informierte den Rechnungshof von seiner Erfindung und ernannte seine Gattin zur Treuhänderin der Patente. 2.2 1989 gründete der Beschwerdeführer eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung namens „Econtract", deren alleinige Gesellschafterin seine Gattin wurde. Bei der Scheidung des Beschwerdeführers von seiner Gattin gingen das Unternehmen und die Patente in das Eigentum des Beschwerdeführers über, der Herrn E. L. als Geschäftsführer einsetzte und den Rechnungshof über die geänderten Umstände informierte. 2.3 Als der Rechnungshof 1993 um Auskunft über seine Beteiligung an der Vermarktung der Lizenzen bezüglich der Errichtung von „Ecowall"-Systemen ersuchte, unterbreitete der Beschwerdeführer dem Präsidenten des Rechnungs-hofes eine Stellungnahme, in der er die Tatsache kritisierte, dass Innovationen beim Lärmschutz für Verkehrskorridore durch die marktbeherrschende Stellung einiger Großunternehmen behindert wurden. In weiterer Folge be-teiligte sich „Econtract" an verschiedenen Ausschreibungen für Projekte in Österreich, einschließlich eines Projektes zur Errichtung eines Lärmschutz-systems für eine Eisenbahnstrecke der Österreichischen Bundesbahnen. 2.4 1994 kontaktierten der Beschwerdeführer und E. L. jeweils Herrn W., den Vorsitzenden eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der bezüg-lich angeblicher Unregelmäßigkeiten beim Bau einer öffentlichen Autobahn eingerichtet worden war, um ihn über „Ecowall" als Alternative zu den von den anderen Unternehmen angebotenen konventionellen Lärmschutzsystemen zu informieren. Ohne Wissen von E. L. wohnte ein Journalist der Zeitschrift „Profil" dem Gespräch mit Herrn W. bei. Trotz der Beteuerungen des Be-schwerdeführers, dass er den Rechnungshof und dessen Präsidenten umfassend darüber informiert hatte, dass er Eigentümer der „Ecowall"-Patente und von 1 Für Österreich trat der Pakt am 10. Dezember 1978 in Kraft und das Fakultativprotokoll zum Pakt am 10. März 1988. Österreich ratifizierte das Fakultativprotokoll: „...mit der Maßgabe, dass – über die Bestimmungen des Artikels 5 Absatz 2 dieses Protokolls hinaus – der mit Artikel 28 des Paktes eingerichtete Ausschuss für Men-schenrechte eine Mitteilung einer Person nur dann behandelt, wenn klargestellt ist, dass dieselbe Angelegenheit nicht bereits von der durch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten eingerichteten Europäischen Kommission für Menschenrechte geprüft worden ist." 5„Econtract" sei, veröffentlichten das „Profil" und andere Zeitungen in weiterer Folge Artikel, in denen die angebliche Unvereinbarkeit mit seiner Funktion als höherer Beamter des Rechnungshofes kritisiert wurde. 2.5 Am 30. August 1994 wurde der Beschwerdeführer durch den Präsidenten des Rechnungshofes vorläufig vom Dienst suspendiert, da ausreichend Grund zur Annahme bestand, dass seine privaten Geschäftsaktivitäten, insbesondere seine Beteiligung an der Vermarktung des „Ecowall"-Projekts, mit seiner Funktion als Beamter unvereinbar seien und Art. 126 des Bundes-Ver-fassungsgesetzes2 (wonach Mitglieder des Rechnungshofes nicht an der Führung von auf Gewinn gerichteten Unternehmungen teilnehmen dürfen) sowie § 43 Abs. 1 und Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes verletzten. 2.6 Am 1. September 1994 erließ der Präsident des Rechnungshofes ohne Anhörung des Beschwerdeführers einen Bescheid („erster Bescheid"), der den Beschwerdeführer die Teilnahme an der Leitung und Verwaltung von „Econ-tract" und weitere Tätigkeiten im Rahmen der Vermarktung von „Ecowall" untersagte. Am 20. September 1994 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid Vorstellung. Der Rechnungshof wurde erst am 2. Juni 2000 tätig, als der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einlegte, welcher den Rechnungshof anwies, innerhalb von drei Monaten tätig zu werden. Am 18. September 2000 erließ der Rechnungshof einen weiteren Bescheid („zweiter Bescheid"), der nur den vorhergehenden bestätigte. Am 18. Oktober 2000 legte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde ein. Er begründete sie damit, dass ihm der Rechnungshof keine Möglichkeit der Anhörung eingeräumt und nicht untersucht hätte, inwieweit er über seine Tätigkeiten im Rahmen von „Econtract" unterrichtet gewesen sei. Am 31. Oktober 2000 ergänzte er seine Beschwerde durch einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. In einem Schreiben vom 30. Juni 2005 ersuchte ihn der Präsident des dritten Senats des Verwaltungs-gerichtshofes um Mitteilung, ob er noch an einer Entscheidung über seine Beschwerde gegen den Bescheid interessiert sei, welche die endgültige Entscheidung im Disziplinarverfahren nicht ändern könne. Am 14. Juli 2005 bekräftigte der Beschwerdeführer sein Interesse an einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, der dann den Bescheid am 27. September 2005 aufhob. 2.7. Am 10. Oktober 1994 erstattete der Präsident des Rechnungshofes eine Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer auf der Grundlage von Art. 126 des Bundes-Verfassungsgesetzes, §§ 43 Abs. 1, Abs. 2 ff des Be-amten-Dienstrechtsgesetzes mit folgenden Vorwürfen: Teilnahme an der Leitung von „Econtract"; fehlende ärztliche Bestätigung über Krankenstand, Nichtantritt des Dienstes innerhalb der festgelegten Dienstzeiten an bestimm-ten Tagen; und Nichtbefolgung der Weisungen seiner Vorgesetzten. Am 11. November 1994 leitete die Disziplinarkommission ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein. Am 23. Dezember 1994 beschwerte sich der Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof über angebliche Verletzungen seiner Rechte auf 2 Art. 126 des Bundes-Verfassungsgesetzes lautet: „Kein Mitglied des Rechnungshofes darf an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen beteiligt sein, die der Kontrolle durch den Rechnungshof unterliegen. Eben-sowenig darf ein Mitglied des Rechnungshofes an der Leitung und Verwaltung sonstiger auf Gewinn gerichteter Unternehmungen teilnehmen." 6Gleichheit vor dem Gesetz und auf den gesetzlichen Richter. Am 6. März 1995 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Am 31. Mai 1995 fügte der Rechnungshofpräsident der Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer weitere Vorwürfe hinzu. 2.8. Am 13. Oktober 1994 suspendierte die Disziplinarkommission den Be-schwerdeführer auf der Grundlage von Art. 126 des Bundes-Verfassungs-gesetzes dauerhaft vom Dienst und kürzte sein Gehalt um ein Drittel. Am 19. Dezember 1994 wies die Disziplinaroberkommission seine Berufung ab. Am 6. Februar 1995 legte er gegen diese Entscheidung beim Verwaltungs-gerichtshof Beschwerde ein, in der er eine mündliche Verhandlung forderte und argumentierte, dass der Rechnungshof über seine Beteiligung an „Econ-tract" informiert gewesen und erst nach der Kritik an seinen Aktivitäten durch die Medien und ohne ihm Parteiengehör zu schenken tätig geworden sei. Am 29. November 2002 wies der Gerichtshof seine Beschwerde ab. Gleichzeitig erklärte er, dass sich die Frage einer mündlichen Verhandlung nicht stellte, da die Angelegenheit nicht in den Geltungsbereich von Art. 6 der Europäischen Konvention für Menschenrechte falle. 2.9. Am 21. Dezember 1995 und 6. März 1996 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung seiner Suspendierung. Er begründete ihn damit, dass sich die Suspendierung schrittweise de facto in eine Bestrafung entwickel-te. Die Disziplinaroberkommission wies seine Anträge am 25. Jänner bzw. 10. April 1996 ab. Am 7. Juni 1996 reichte er eine Beschwerde beim Ver-waltungsgerichtshof ein; diese Beschwerde wurde am 19. Dezember 2002 abgewiesen. 2.10 Nachdem der Beschwerdeführer den Präsidenten des Nationalrates (der zweiten Kammer des Parlaments) und die Clubchefs der vier politischen Parteien im Parlament um Untersuchung seines Falles ersucht hatte, setzte die Disziplinarkommission am 20. Mai 1997 „in aller Eile" einen Termin für eine Disziplinarverhandlung fest. Der Vorsitz der Kommission wurde von Herrn P. S. geführt, der beim Rechnungshof als Leiter der für die Prüfung der Öster-reichischen Bundesbahnen und staatlichen Schnellbahngesellschaft zuständi-gen Abteilung tätig war. 2.11 Am 30. Mai 1997 lehnte der Beschwerdeführer den Vorsitzenden der Disziplinarkommission P. S. wegen Parteilichkeit ab, da P. S. für die Prüfung der Unternehmen zuständig war, die gewöhnlich jene konventionellen Lärm-schutzsysteme errichteten, die der Beschwerdeführer kritisierte und durch seine Erfindung verbessern wollte. Am 3. Juli 1997 legte er beim Verfassungs-gerichtshof eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Disziplinarkommis-sion bezüglich der Anberaumung einer Disziplinarverhandlung ein. Er behauptete Verletzungen seiner Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und ein faires Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und lehnte erneut P.S. ab. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab, die in weiterer Folge an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten und von diesem am 27. Juni 2001 abgewiesen wurde. 2.12 Am 6. Oktober 1997 ersuchte der Beschwerdeführer um Akteneinsicht bei der Disziplinarkommission auf der Grundlage eines „begründeten Verdachts", 7dass bestimmte Dokumente unterdrückt oder ignoriert worden seien. Am 14. Oktober 1997 wies die Kommission seinen Antrag mit der Begründung zurück, dass ihre Mitglieder Anspruch darauf hätten, „dass ihr persönliches Beratungs- und insbesondere Abstimmungsverhalten (...) den Parteien des Disziplinarverfahrens verborgen bleibt. Dies umso mehr, als (...) die Senats-mitglieder und die Parteien des Verfahrens Angehörige einer Dienstbehörde und dadurch ein ständiger Kontakt zwischen diesen anzunehmen ist. Dieser Kontakt könnte aber durch das Wissen über das individuelle Beratungs- und Abstimmungsverhalten erheblichen Störungen unterworfen sein und damit dem berechtigten Interesse des einzelnen Senatsmitglieds auf ein möglichst friktionsfreies Arbeitsklima entgegenstehen. (...) Tatsächliche oder vermeint-liche Aktenwidrigkeiten oder sonstige Unregelmäßigkeiten können im Rechts-mittelweg gerügt werden." Gegen die Entscheidung der Disziplinarkommis-sion bestand keine Berufungsmöglichkeit. 2.13 Aufgrund der Berichterstattung in den Medien über die Aktivitäten des Beschwerdeführers und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn erhielt „Econtract" keine weiteren Aufträge über das „Ecowall"-System. Ein Transportunternehmen erstattete gegen den Beschwerdeführer und E. L. wegen einer offenen Rechnung Strafanzeige. Am 18. November 1998 verurteilte das Landesgericht für Strafsachen Wien den Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten. Am 6. Juli 1999 wies das Oberlandesgericht Wien seine Berufung ab. 2.14 Aufgrund der Mitteilung des Landesgerichts für Strafsachen Wien, dass ein strafgerichtliches Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet worden war, erstattete der Rechnungshofpräsident am 9. November 1998 eine weitere Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer, in der ihm die fahrlässige Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens sowie die Schädigung seiner Gläubiger zu Last gelegt wurde. 2.15 In der Zwischenzeit wurde festgestellt, dass eine Aktennotiz eines Mit-arbeiters des Rechnungshofes vom 18. Februar 1993 über die Vereinbarkeit der privaten Geschäftsaktivitäten des Beschwerdeführers mit seiner offiziellen Funktion zusammen mit Begleitdokumenten aus dem Personalakt entfernt worden waren. Unter diesen Dokumenten befand sich eine beim Rechnungshof am 16. Juli 1993 eingelangte Erklärung des Beschwerdeführers, in der das Ausmaß seiner Teilnahme an „Econtract" dargelegt wurde, und insbesondere der Entwurf einer Anordnung, deren Schlussfolgerung darin bestand, dass die Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers mit Art. 126 des Bundes-Ver-fassungsgesetzes unvereinbar sei. 2.16 Am 27. Jänner 1999 beantragte der Beschwerdeführer bei der Disziplinar-kommission die Wiederaufnahme des ersten Disziplinarverfahrens zwecks Beendigung desselben. Er argumentierte, dass die neu entdeckten Dokumente bewiesen, dass der Rechnungshof schon 1993 über seine Beteiligung an „Econtract" voll informiert gewesen sei, dass er seine Meldepflicht erfüllt habe und dass er verständlicherweise annehmen konnte, dass die Tatsache, dass keine ihm die Fortsetzung seiner Geschäftstätigkeit untersagende Weisung 8erging, bedeutete, dass der Rechnungshof keinen Einwand gegen diese Tätig-keiten habe. 2.17 Am 23. Februar 1999 leitete die Disziplinarkommission ein zweites Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer ein. Seine Berufung gegen diese Entscheidung wurde von der Disziplinaroberkommission am 13. Juni 1999 zurückgewiesen. Am 24. August 1999 informierte die Disziplinar-kommission den Beschwerdeführer, dass sie keine weiteren mündlichen Verhandlungen abhalten und eine schriftliche Entscheidung ergehen würde. Am 26. August 1999 beantragte der Beschwerdeführer eine mündliche Ver-handlung und lehnte den Vorsitzenden P. S. erneut ab, der hiernach durch einen anderen Vorsitzenden ersetzt wurde. 2.18 Am 13. Dezember 1999 befand die Disziplinarkommission den Be-schwerdeführer mehrerer Dienstverletzungen für schuldig und beschloss seine Entlassung aus dem Bundesdienst. Sie bemerkte, dass sie „an die Tatsachen-feststellungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Strafurteils gebunden" ge-wesen sei und dass ihre Entscheidung nur auf den Beschuldigungen beruhte, hinsichtlich derer der Beschwerdeführer von den Strafgerichten für schuldig befunden worden war. Sie fügte hinzu, dass die mündliche Aussage des Beschwerdeführers nicht zur Feststellung zusätzlicher, für die Entscheidung der Kommission relevanter Sachverhalte geführt hätte. 2.19 Der Beschwerdeführer legte gegen diese Entscheidung am 1. und 14. Jänner 2000 Berufung ein, indem er Verfahrensmängel geltend machte; er forderte eine mündliche Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission, die seiner Berufung am 13. Juni 2000 ohne Durchführung einer mündlichen Ver-handlung nicht stattgab und ihrer Ansicht Ausdruck verlieh, dass Art. 6 der Europäischen Konvention für Menschenrechte auf Disziplinarverfahren nicht anwendbar sei. Am 21. Juli 2000 brachte der Beschwerdeführer eine Be-schwerde vor dem Verfassungsgerichtshof ein, in der er Verletzungen seiner Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und ein faires Ver-fahren behauptete sowie die Bindung der Disziplinarkommission an Erkenntnisse von Strafgerichten als verfassungswidrig bekämpfte. Am 25. September 2001 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde mit der Begründung ab, dass sie keine Aussicht auf Erfolg hätte und keine verfassungsrechtlichen Fragestellungen aufwerfen würde. 2.20 Parallel zum Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erhob der Be-schwerdeführer am 21. Juli 2000 Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Er brachte vor, dass die seine Entlassung aus dem öffentlichen Dienst bestätigen-de Entscheidung ohne faires und öffentliches Verfahren (einschließlich einer mündlichen Verhandlung) – wie in Art. 6 der EMRK vorgesehen – getroffen worden sei. Er brachte vor, dass die Entlassung aus dem Bundesdienst eine so schwere Disziplinarstrafe sei, dass sie in den Anwendungsbereich von Art. 6 der EMRK falle und eine mündliche Verhandlung gewährleiste. Der Be-schwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Argument, dass ihm im Falle der Nichtabhaltung einer solchen münd-lichen Verhandlung die Möglichkeit genommen würde, sich zu verteidigen. 92.21 Am 31. Jänner 2001 wies der Verwaltungsgerichtshof seine Beschwerde ab. Aufgrund der Annahme, dass die Kompetenzen des Beschwerdeführers im Rechnungshof die Prüfung von „Bauprojekten im Bereich Straße und Eisen-bahn" beinhalte, kam er zum Schluss, dass dessen private Geschäftstätigkeit mit seinen offiziellen Aufgaben als Rechnungsprüfer eng verbunden war. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Pellegrin gegen Frankreich wies der Verwaltungs-gerichtshof seinen Antrag auf eine mündliche Verhandlung zurück. Er hielt fest, dass Art. 6 der Europäischen Konvention für Menschenrechte nicht anwendbar sei, da der Beschwerdeführer ein Beamter sei, der Funktionen öffentlich-rechtlicher Natur ausübte. Am 5. Juni 2001 beantragte der Be-schwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof die Wiederaufnahme seines Verfahrens und lehnte die Mitglieder des Senates, die in seinem Fall ent-schieden hatten, wegen Parteilichkeit ab. Am 22. Jänner 2002 wurde dem Wiederaufnahmeantrag durch den Gerichtshof in geänderter Zusammen-setzung nicht stattgegeben. 2.22 Am 31. Dezember 2002 beantragte der Beschwerdeführer beim Ver-waltungsgerichtshof die Wiederaufnahme des Verfahrens über seine Suspen-dierung und Entlassung, wobei er Verfahrensmängel und die Verletzung seines Rechts auf mündliche Verhandlung geltend machte. Am 27. Februar 2003 lehnte der Gerichtshof seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens über seine Suspendierung ab. Er begründete dies damit, dass der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit gehabt habe, seine Argumente schriftlich darzulegen und keine Verpflichtung bestünde, ihn als Partei anzuhören oder ihn um weitere schriftliche Stellungnahmen zu ersuchen. Am 27. März 2003 wies der Gerichtshof seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens über seine Entlassung aus denselben Gründen ab. 2.23 Am 1. Jänner 2000,3 12. Dezember 2000 und 13. März 20014 sowie am 4. März 20025 reichte der Beschwerdeführer Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein, in denen er Verletzungen seiner Rechte gemäß Art. 6 der Europäischen Konvention für Menschenrechte, insbesondere seines Rechts auf ein faires Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist, geltend machte. Der Gerichtshof fasste einige dieser Beschwerden zusammen und wies sie ratione materiae6 zurück, wobei er auf Pellegrin gegen Frank-reich7 verwies. Die Beschwerde3.1 Der Beschwerdeführer behauptet, dass die Zusammensetzung und man-gelnde Unabhängigkeit der Disziplinarkommission, die Abweisung seiner wiederholten Anträge auf mündliche Verhandlung vor der Disziplinar-kommission, der Disziplinaroberkommission und dem Verwaltungsgerichts-3 Beschwerde Nr. 57822/00 4 Beschwerde Nr. 73230/01 5 Beschwerde Nr. 13874/02 6 Siehe Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Entscheidung über die Zulässigkeit (Beschwerde Nr. 73230/01) vom 26. Februar 2002; Entscheidung über die Zulässigkeit (Beschwerde Nr. 13874/02) vom 27. Juni 2002. 7 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 8. Dezember 1999, Pellegrin gegen Frankreich(Beschwerde Nr. 28541/95), 1999-VIII Berichte, Z 67.
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