SFH-142146  Hitze und Fluten Klimakrise trifft Pakistan mit voller Wucht, News orf.at

Pakistan trägt nur einen minimalen Anteil zu den weltweiten CO2-Emissionen bei, leidet jedoch unter der vollen Wucht der Klimakrise: Die Auswirkungen der Erderwärmung sind kaum wo auf der Welt so deutlich wie in Pakistan. Hitze, Zyklone, Stürme, Landraub durch Meer, Regen und Fluten – das Land bekommt alle Spielarten der Krise zu spüren. Nach der Flutkatastrophe im Vorjahr zeichnet sich nun bereits der nächste schwere Sommer ab.         
 
https://orf.at/stories/3322940/

https://orf.at/stories/3322940/Die heftigen Regenfälle in der Monsun-Zeit hatten vergangenes Jahr verheerende Überschwemmungen und Fluten zur Folge. Ein Drittel des Landes stand unter Wasser, mehr als 17.000 Menschen kamen ums Leben. Die Klimavulnerabilität ist in Pakistan besonders hoch. Denn die Menschen sind den Wetterextremen unmittelbar ausgeliefert: Häuser sind weniger stabil gebaut, manche nur aus Lehm oder Holz.

„Pakistan hat sich von heiß zu sehr heiß entwickelt. Seit Jahrzehnten gibt es dort die heißesten Städte der Welt. Der Klimawandel verschlimmert die Situation noch", sagt Asjad Naqvi, Umweltökonom und Hauptautor eines Weltbank-Reports zu Pakistan, gegenüber dem ORF.

ZIB 1, 2.7.2023

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Flutkatastrophe mit langfristigen Folgen

Zu der Katastrophe des Vorjahrs heißt es in dem Report: „Zuerst kam es zu einer schweren Hitzewelle, die nur einmal in 1.000 Jahren vorkommt. Die Temperaturen liegen kontinuierlich über 45 Grad, was zu Ernteverlusten, Stromausfällen und Waldbränden führt. Dann kam der beispiellose Monsunregen, der heftigste und konzentrierteste, der jemals aufgezeichnet wurde."

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Im gesamten Süden des Landes seien Millionen Menschen vertrieben, etwa zwei Millionen Häuser seien beschädigt oder zerstört worden. „Kritische Infrastruktur wie Straßen und Dämme wurden weggeschwemmt, 22.000 Schulen wurden beschädigt und mussten schließen, und für viele kam es zu einem nahezu vollständigen Verlust des Viehbestands und die Sommerernte."

Die Folgen seien teilweise noch schlimmer: „Die sekundären Auswirkungen von Krankheit und Mangel. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und sauberem Wasser ist noch nicht gelöst, ebenso wie die Folgen von Einkommens- und Bildungsverlusten."

Ein Mann füllt Wasser in Kanister
ORF/Rosa Lyon
Wasser ist knapp: In Kanistern wird es abgefüllt und verteilt

Kein sauberes Trinkwasser

In der größten Stadt Pakistans, in Karachi, leben offiziell mehr als 17 Millionen Menschen, in Wahrheit sollen es beinahe doppelt so viele sein. Die meisten haben zwar Wasserleitungen, doch viele haben trotzdem kein Trinkwasser.

Hitze und Wassermangel in der größten Stadt Pakistans

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Abends fahren Holzwagen vor, gezogen von Eseln, mit Kanistern voller Wasser. Das Wasser ist großteils ungenießbar, bestätigt die Wasserbehörde. Dennoch trinken es die Menschen und geben es ihren Kindern zu trinken. Denn für sauberes Wasser reicht das Geld nicht.

ein Mann steht hinter einem Wagen in einer Gasse in Pakistan
ORF/Rosa Lyon
Trinkwassertransport per Esel

Die Ärmsten trifft es am stärksten

„Die untersten Einkommensgruppen sind am stärksten betroffen. Gebildete und sehr arme Schichten wollen auswandern. Die mittlere Einkommensgruppe bleibt meist hängen. Die sehr Reichen haben in Pakistan ein gutes Leben beziehungsweise pendeln oft zwischen Ost und West", so Umweltökonom Naqvi.

Er verweist auch auf die Größe des Landes, die sehr vielfältige geografische Landschaft und damit die unterschiedlichen Probleme je nach Region. Pakistan ist 800.000 Quadratkilometer groß, und damit mehr als doppelt so groß wie Deutschland.

Überflutungen durch Schmelzwasser

Im Norden des Landes treffen die drei höchsten Gebirgszüge der Welt aufeinander, der Hindukusch, der Karakorum und der Himalaya. 7.000 Gletscher gibt es in der Region und Schätzung zufolge mehr als 3.000 Gletscherseen. Mit der Erderwärmung schmelzen die Gletscher immer schneller: Laut Umweltschützern sind sieben Millionen Menschen direkt durch Überschwemmungen in den heißen Sommermonaten gefährdet. Die meiste Menge an Schmelzwasser erreicht das Land gleichzeitig mit dem Monsun. Damit steigt die Gefahr, dass Flüsse, insbesondere der Indus, über seine Ufer tritt und für Überflutungen sorgt.

Arbeiter errichten eine Mauer zum Schutz vor schmelzenden Gletschern in der Umgebung
APA/AFP/Abdul Majeed
Mit Mauern wird versucht, das Schmelzwasser zu bändigen

Meer frisst Land

Der Süden Pakistans, wo das Land ans Meer grenzt, gibt es andere Probleme: Einst fruchtbares Land, einst ertragreiche Reisfelder sind heute vom Meerwasser verschluckt. Stürme peitschen das Meer an Land, im Indus-Delta verhinderten früher Mangroven-Wälder die Erosion. Doch mittlerweile sind die Mangroven zur Lebensgrundlage der Bevölkerung geworden, nachdem Landwirtschaft aufgrund der Umweltbedingungen kaum mehr möglich ist. Die Übernutzung bedroht die Mangroven genauso wie schlechtere Böden – was wiederum die Bodenerosion fördert.

Indus-Delta, Pakistan
APA/AFP
Das Indus-Delta während der Überschwemmung im Vorjahr

Nächste Monsunzeit beginnt

Die ehemals reiche Hafenstadt Keti Bandar ist bitterarm. Die Menschen haben nicht einmal genug, um die Dächer, die der letzte Sturm hat mitgehen lassen, zu ersetzen. Die Armut ist so groß, dass die Kinder mehrheitlich nicht die Schule besuchen, da ihre Arbeitskraft gebraucht wird, um die Familie zu ernähren.

Überdachte Unterkunft
ORF/Rosa Lyon
Viele Menschen haben 2022 ihr Haus in den Fluten verloren und wohnen noch immer in selbst gebauten Hütten, wie hier in Dadu

Auch derzeit gibt es kaum erträgliche Hitze. Vergangene Woche kletterte die Temperatur in Teilen Pakistans auf 50 Grad Celsius. Auch diese Woche sind es mindestens 40 Grad. Die Wunden von der Flutkatastrophe vom vergangenen Jahr klaffen noch weit auseinander.

Und die nächste Monsunzeit steht vor der Tür: Seit 25. Juni seien landesweit 50 Todesfälle bei damit zusammenhängenden Unglücken gemeldet worden, hieß es von der nationalen Katastrophenschutzbehörde am Freitag. 87 weitere Menschen seien verletzt worden. Der Großteil der Todesfälle ereignete sich nach Behördenangaben in der östlichen Provinz Punjab, meist waren Stromschläge und Gebäudeeinstürze die Ursache.

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