| SFH-142157  Friedenskonferenz in Dschidda : Warum Saudi-Arabien in der Ukraine vermittelt  von Nils Metzger 
 Saudi-Arabien plant eine Konferenz zum Ukraine-Krieg - ohne   Russland, aber mit Hintergedanken. Was steckt hinter dem Plan von   Kronprinz Mohammed bin Salman und kann er Kiew helfen? 
 https://www.zdf.de/nachrichten/politik/saudi-arabien-verhandlungen-konferenz-frieden-ukraine-krieg-russland-100.html?targetContentType=news 
 
 Schwierige Suche nach gemeinsamen Positionen: Der ukrainische Präsident   Wolodymyr Selenskyj mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman   beim Gipfel der Arabischen Liga im Mai. (Archivbild)                                      Quelle: AFP
 
                 
                                      
                                                  
Für den 5. und 6. August plant Saudi-Arabien eine große internationale Konferenz zum » Ukraine-Krieg. Das Ziel laut der ukrainischen Regierung: die Umsetzung einer "Friedensformel" zur Beendigung des Konflikts.                                       
                                                  
Auf den ersten Blick erscheint das   suspekt. Warum sollte ausgerechnet Saudi-Arabien, die konservative   arabische Öl-Monarchie mit ihrer Verwicklung im » Jemen-Krieg   als diplomatische Friedensmacht auftreten? Auf den zweiten Blick gibt   es aber handfeste Gründe, warum der Golfstaat diese Rolle überzeugend   spielen könnte - weitreichende Ergebnisse aber dennoch unwahrscheinlich   sind.                           
                              
 Was ist zur Konferenz in Saudi-Arabien bereits bekannt?                                       
                                                  
Offiziell bekanntgegeben sind erst   wenige Details zu dem geplanten Treffen. Die ukrainische   Präsidialverwaltung bestätigte am Sonntag den Termin und dankte   Saudi-Arabien für die Unterstützung.                                       
                                                  
Das "» Wall Street Journal"   hatte zuvor unter Berufung auf anonyme Diplomatenkreise berichtet, dass   rund 30 Staaten, darunter Indien und Brasilien, an der Konferenz in der   Stadt Dschidda teilnehmen werden. Auch Ägypten, Indonesien oder Mexiko   seien eingeladen - Russland hingegen nicht. Die zentrale Frage ist nun,   ob es Riad gelingt, » China zu einer Teilnahme zu bewegen.                                       
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Die Vereinten Nationen und China wollen Russland dazu drängen, Getreideexporte wieder zuzulassen: 
                                   
                                              
Bereits Ende Juni hatten sich   zahlreiche Staaten in Kopenhagen zu einer ähnlichen Konferenz   versammelt. Bei dem jetzt anstehenden Termin soll der Fokus mehr auf   Schwellen- und Entwicklungsländern liegen, die sich bislang im Konflikt   oft neutral verhalten.                                                                                 
                                              
Für die westlichen Unterstützer der   Ukraine ist das eine der wenigen verbliebenen Optionen, um den   diplomatischen Druck auf Russland auch in Vorbereitung zu möglichen   Friedensverhandlungen zwischen Moskau und Kiew weiter zu erhöhen. Vor   Jahresende soll es noch eine weitere Konferenz geben.                                     
                                                
                                
                                            
                    
                        
 Warum findet der Ukraine-Gipfel in Saudi-Arabien statt?                                 
                                            
Mit einer Reihe von diplomatischen   Initiativen versucht Saudi-Arabien seit Kurzem seinen durch Jemen-Krieg,   Frauen-Unterdrückung und den Mord am Dissidenten Jamal Khashoggi   beschädigten Ruf zu verbessern.                                 
                                            
Der Saudi-Arabien-Experte Sebastian Sons sieht die Ukraine-Konferenz in diesem Zusammenhang:                                     
                                       
                    
                        
                            
                                
                          Saudi-Arabien   verfolgt unter dem Kronprinzen Mohammed bin Salman in den letzten zwei   bis drei Jahren eine Politik der regionalen und internationalen   Annäherung und Deeskalation. Vor diesem Hintergrund ist Saudi-Arabien   für die internationale Diplomatie ein logischer Austragungsort. Sebastian Sons, Center for Applied Research in Partnership with the Orient, Bonn                                 
                                            
Mit Blick auf den Ukraine-Krieg   verhielt sich das Golf-Königreich bislang ambivalent. Saudi-Arabiens   Rolle als Gastgeber dürfte nicht bedeuten, dass man alle Forderungen der   Ukraine unterstützt, oder gar für sie wirbt. Im Umgang mit oft   Nato-kritischen Schwellenländern könnte das ein Vorteil sein.                                                                                                                                                                                                                                                                            
                                            
"Es geht bin Salman vor allem darum   zu zeigen, dass er nicht wirklich Partei ergreift. Dass er weder auf der   Seite Putins noch auf der Selenskyjs steht. Dass man sich weder zum   Erfüllungsgehilfen des Westens, noch zum Juniorpartner von Russland oder   China macht", sagt Sons ZDFheute. "Man will das eigene Image verbessern   und als ehrlicher Makler auftreten, der aufgrund seiner gewissen   Unabhängigkeit von den Konfliktparteien Vertrauen und Respekt generieren   kann." 
                   
                      
 Welche Interessen verfolgt Saudi-Arabien?                               
                                          
Die diplomatischen Erfolge Saudi-Arabiens in den vergangenen Jahren - die Annäherung an » Katar, an die » Türkei und die » Normalisierung der Beziehungen zum Iran   - spielten alle in der Region selbst. Jetzt mischt Riad auch auf der   Weltbühne mit. "Man will dem Westen zeigen: ohne uns geht es nicht", so   Nahost-Forscher Sons.                                                                                                                                          
                      
Warum sich Iran und Saudi-Arabien annähern: 
                             
                                        
Dabei profitiert Saudi-Arabien sogar   vom Ukraine-Krieg dank hoher Ölpreise. Erst im April hatte Saudi-Arabien   mit anderen Staaten der Opec+, darunter auch Russland, eine Drosselung   der Fördermengen und damit steigende Preise vereinbart. Mehr Einnahmen   für den saudischen Staatshaushalt und » Wladimir Putins Kriegskasse.                             
                                        
"Obwohl Saudi-Arabien aufgrund des   gestiegenen Ölpreises vom Ukraine-Krieg profitiert, ist man nicht   zwingend daran interessiert, dass dieser Krieg ewig weitergeht, denn er   hat auch negative Implikationen auf die Region und da will Saudi-Arabien   vor allem Stabilität herstellen", sagt Sons. Ein substanzieller Teil   der Getreidelieferungen nach Nahost und Nordafrika stammt aus Russland   und der Ukraine. Die Ernährungssicherheit und damit auch die politische   Stabilität der gesamten Region ist somit mit dem Ukraine-Krieg   verknüpft.                                                                                                                                        
                    
Nahost-Experte Daniel Gerlach zur Annäherung von Iran und Saudi-Arabien: 
               
                  
 Westen mit Glaubwürdigkeitsproblem in Saudi-Arabien                           
                                      
Angesichts dieser komplexen   Gemengelage glaubt Sons auch nicht, dass die Konferenz in Dschidda   allein einen großen Durchbruch bringen wird:                               
                                 
              
                  
                      
                          
                          Konkrete   Ergebnisse erwarte ich nicht, außer im humanitären Bereich. Ich kann mir   schwer vorstellen, dass sich die beteiligten Länder, vor allem   Saudi-Arabien, militärisch stärker beteiligen. Dementsprechend geht es   hier mehr um eine symbolische Veranstaltung. Sebastian Sons, Center for Applied Research in Partnership with the Orient, Bonn                           
                                      
Am Beispiel Saudi-Arabiens zeigt es   sich, wie schwer es dem Westen aktuell fällt, selbst angesichts eines   klaren Völkerrechtsbruchs wie der Ukraine-Invasion Staaten außerhalb   enger Verbündeter zu mobilisieren.                           
                                      
"Saudische Kollegen sagten mir: Das   ist euer Konflikt, ein innerer Konflikt Europas. Das harte Vorgehen   gegenüber Russland könne man nur bedingt nachvollziehen, denn der Westen   habe Saudi-Arabien bei der Bedrohung durch Iran im Stich gelassen",   berichtet Sons. "Dieser unterschiedliche Umgang mit Konflikten wird in   Saudi-Arabien als Doppelmoral wahrgenommen. Man hält die Deutschen und   die Europäer grundsätzlich für wenig glaubwürdig."                                                                                                                                                                                                                                                                                        
                  
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