SFH-142013 Lärmschutzwände an Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn – eine Herausforderung für den Leichtbau xxxxxxxxx ZUSAMMENFASSUNG: Lärmschutzwände an Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn werden durch die Druck-Sog-Wirkungen vorbeifahrender Züge dynamisch belastet. Erhebliche Schäden an Lärmschutzelementen, die entlang einer kürzlich in Betrieb genommenen ICE-Neubaustrecke eingesetzt wurden, haben Defizite in den bisherigen konstruktiven Lösungen, der verwendeten Berechnungsverfahren und der normativen Vorgaben aufgezeigt. http://www.oge.or.at/pdf/d-a-ch_2007/05_Laermschutzwaende-an-Hochgeschwindigkeitsstrecken_eine-Herausforderung-fuer-den-Leichbau.pdf xxxxxxxxxxxxxxxxxx ZUSAMMENFASSUNG: Lärmschutzwände an Hochgeschwindigkeitsstrecken der
Bahn werden durch die Druck-Sog-Wirkungen vorbeifahrender Züge dynamisch belastet. Erhebliche Schäden an Lärmschutzelementen, die entlang einer kürzlich in Betrieb genommenen ICE-Neubaustrecke eingesetzt wurden, haben Defizite in den bisherigen konstruktiven Lösungen, der verwendeten Berechnungsverfahren und der normativen Vorgaben aufgezeigt.
Der Beitrag erläutert die Hintergründe der Schäden, die durch die dynamische und ermüdungswirksame Beanspruchung sowie die ungünstige Systemantwort hervorgerufen
wurden und beschreibt die erstmalige Auslegung neuer Lärmschutzwände unter Anwendung neuer Erkenntnisse und Vorgaben.
Die konstruktive Umsetzung der neuen Anforderungen an Lärmschutzelemente wird
anhand der Entwicklung eines Leichtbauelementes dargestellt, das mit Kenntnis der
bisherigen Schwachstellen konzipiert, berechnet und experimentell erprobt wurde.
1. EINLEITUNG
Schutz vor Lärmbelästigung gehört zu den essentiellen Forderungen für neue und existierende Bahnstrecken. Insbesondere an neuen Hochgeschwindigkeitsstrecken sind
Lärmschutzmaßnahmen bereits in der Planungsphase zu berücksichtigen und zu entwerfen.
Die üblichen Planungsvorgaben limitieren den zur Verfügung stehenden Raum für
Lärmschutzmaßnahmen, um den Landverbrauch (und die damit verbundenen Kosten) in
engen Grenzen zu halten. Diese Vorgaben favorisieren die Verwendung von Schallschutzwänden, die sehr nah an den Gleisen aufgestellt werden können (Bild 1 links).
Gleichzeitig wird durch den Einsatz von leichten Wandelementen die Zusatzbelastung
auf Brückenbauwerken gering gehalten (Bild 1 rechts).
Im Zuge der Neubaustrecke Köln-Rhein/Main mit vmax = 300 km/h wurde der Lärmschutz in der Regel durch Verwendung von Schallschutzwänden in Leichtbauweise
(Stahlpfosten, Aluminiumelemente) realisiert. Bereits nach wenigen Monaten regelmäßigen Betriebs wurden starke Schäden an den Aluminiumelementen festgestellt, die
offensichtlich durch die Druck-Sog-Einwirkung vorbeifahrender Züge hervorgerufen
worden sind.
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Bild 1: Beispiele üblicher Lärmschutzwände auf freier Strecke (links) und auf Brücken
(rechts)
2. BISHERIGE BEMESSUNG VON LÄRMSCHUTZWÄNDEN
2.1 BISHERIGE NORMEN UND VORGABEN DER BAHN
Lärmschutzwände an Bahnstrecken waren und sind derart zu entwerfen und zu bemessen, dass sie neben den geforderten akustischen Eigenschaften eine ausreichende Standsicherheit unter Berücksichtigung von Windlasten und von Druck-Sog-Einwirkungen
vorbeifahrender Züge aufweisen.
Bisher wurden Lärmschutzwände an Strecken der DB gemäß der Bahnnorm DS 804
und der Bahn-Richtlinie 800.2001 Netzinfrastruktur Technik Entwerfen – Lärmschutzanlagen an Eisenbahnstrecken bemessen and ausgeführt.. Die Vorgaben der DS 804
hinsichtlich Druck-Sog-Einwirkungen sind mit den Vorgaben des Eurocode 1 Teil 3
(ENV 1991-3) und des DIN Fachberichtes 101 identisch (Bild 2).
Bild 2: Modell der Druck-Sog-Last nach DS 804, ENV 1991 Teil 3 und DIN FB 101
Die Vorgaben aller drei Normen basieren auf Untersuchungsergebnissen und den
daraus abgeleiteten vereinfachten Lastmodellen, die im ERRI Report D 189/RP 1 Stau-
3
drücke und Sog infolge Zugüberfahrten, Druck-Sog-Einwirkungen aus Zugverkehr auf
Bauwerke in Gleisnähe vorgeschlagen wurden. Die Druckmessungen wurden 1992 an
TGV-Strecken der SNCF mit maximalen Zuggeschwindigkeiten von 220 km/h durchgeführt. Das Lastmodell beschreibt die aerodynamische Einwirkung als Funktion der
Zuggeschwindigkeit, des Wandabstandes von der Gleisachse und der aerodynamischen
Zugeigenschaften. Gemäß der graphischen Darstellung gilt das Lastmodell für Zuggeschwindigkeiten bis 300 km/h.
Zusätzlich zu den Vorgaben der DS 804 mussten Lärmschutzelemente an Strecken
der DB die Anforderungen der Richtlinie 800.2001 erfüllen, in der neben den akustischen Eigenschaften der Elemente auch die Vorgaben zum rechnerischen oder experimentellen Nachweis ausreichender mechanischer Festigkeit und die von der DB gewünschten Pfostenabstände und Mindestabstände der Wände von der Gleisachse festgelegt waren.
Die üblichen Pfostenabstände betrugen 5,00 m auf freier Strecke und 2,50 bzw.
2,00 m auf Brücken. Die experimentelle Überprüfung der mechanischen Festigkeit von
Lärmschutzelementen erfolgte durch eine statische Probebelastung (gleichmäßig verteilte Flächenlast) und den Vergleich maximaler und bleibender Verformungen mit zulässigen Maximalwerten. Es war üblich nur diese Überprüfung von Lärmschutzelementen durchzuführen; es wurde davon ausgegangen, dass damit die Erfüllung aller mechanischer Anforderungen nachgewiesen ist – auf zusätzliche rechnerische oder experimentelle Nachweise wurde daher verzichtet.
Die Nachweise von Pfosten und Gründungen für Druck-Sog-Wirkungen erfolgten
analog zu Windeinwirkungen indem die Druck- bzw. Soglasten als quasi statische Lasten angesetzt wurden. Ermüdungsnachweise wurden nicht geführt.
2.2 SCHÄDEN AN LÄRMSCHUTZELEMENTEN UND DEREN URSACHEN
Die erste Strecke der Deutschen Bahn (Köln-Rhein-Main) mit planmäßigen Zuggeschwindigkeiten von 300 km/h wurde 2002 in Betrieb genommen. Die Planung, Nachweise und Ausführung der Lärmschutzwände erfolgte in den Jahren 2000 und 2001 gemäß den zu dieser Zeig gültigen Normen und Richtlinien.
Bereits nach wenigen Monaten planmäßigen Betriebs wurden an den AluminiumLärmschutzelementen erhebliche Schäden festgestellt (Bild 3).
Anhand erster visueller Beobachtungen und Messungen der Drücke sowie der
Wandreaktionen wurde ersichtlich, dass die Schäden durch die Druck-Sog-Wirkungen
vorbeifahrender Züge hervorgerufen worden sind. Die Kombination aus dynamischer,
ermüdungswirksamer Beanspruchung und offensichtlich ungeeigneter Konstruktionen
führten zunächst zu Schäden an den verwendeten Blindnietverbindungen und anschließend an weiteren Bauteilen der Elemente.
Weitere Untersuchungen der Einwirkungen und Wandreaktionen zeigten, dass das
dynamische Verhalten der gesamten Wände aufgrund von ausgeprägten Resonanzeffekten als äußerst ungünstig einzustufen ist. Die durch vorbeifahrende Züge hervorgerufene dynamische Antwort des Systems (insbesondere der Pfosten) führte zu einer erhöhten Beanspruchung der Elemente infolge Biegung und Verdrillung. Die zum Teil rein
konstruktiven Blindnietverbindungen, die für keine Beanspruchungen ausgelegt waren,
konnten der wiederholten und durch die dynamische Wandreaktion verstärkten unplanmäßigen Beanspruchung nicht standhalten.
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intakt (oben), geschädigt (unten)
Bild 3: Beobachtete Schäden an Lärmschutzelementen
Unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Entwurfs üblichen Bemessungspraxis und der damals geltenden normativen Vorgaben lassen sich die Ursachen der Schäden wie folgt zusammenfassen:
− das vereinfachte Lastmodell der DS 804 bildete die tatsächlichen Druck-SogEinwirkungen nur unzureichend ab;
− einige Formulierungen der Normen waren missverständlich und führten zu gleicher rechnerischer Behandlung der Lastfälle Wind und Druck-Sog;
− die experimentelle Verifizierung gemäß Richtlinie 800.2001 war nicht geeignet,
um die mechanische Festigkeit für die tatsächlichen Beanspruchungen (dynamisch und ermüdungswirksam) zu verifizieren;
− die verwendeten Berechungs- und Bemessungsverfahren waren nicht adäquat
(statische Berechnung, keine Ermüdungsnachweise);
− es wurden keine zusätzlichen, über die Überprüfung nach Richtlinie 800.2001
hinausgehenden, Nachweise der Lärmschutzelemente geführt;
− die konstruktiven Lösungen und Details der Elemente waren mangelhaft und zur
Aufnahme der tatsächlich auftretenden Beanspruchungen nicht geeignet;
− die Berechnungen und Nachweise wurden jeweils nur für die einzelnen Komponenten der Wände geführt – eine insbesondere dynamische Betrachtung des Gesamtsystems wurde nicht durchgeführt.
Fazit: Die durch Druck-Sog-Einwirkungen hervorgerufenen Schäden hatten nicht
eine, sondern mehrere Ursachen. Der Hauptgrund für die sichtbaren und unsichtbaren
Schäden lag jedoch in der fehlenden dynamischen Betrachtung und Auslegung des Gesamtsystems. Es ist zu erwarten, dass auch die Pfosten und Fundamente durch die Ermüdungsbelastung erheblich vorgeschädigt sind.
5
3. NEUE VORGABEN FÜR LÄRMSCHUTZWÄNDE
Nach dem Bekanntwerden der Schäden und deren Ursachen wurden die Vorgaben der
DB für den Entwurf und Ausführung von Schallschutzwänden, insbesondere an Hochgeschwindigkeitsstrecken, modifiziert und zur Auslegung künftiger Konstruktionen
vorgeschrieben. Es wurde erkannt, dass die gesamte Konzeption der Schallschutzwände
– Lastannahmen, Auslegung und Berechnung, rechnerische und versuchsgestützte
Nachweise – modifiziert werden muss.
Die künftig anzusetzende Belastung aus Druck-Sog-Wirkung wurde in Form eines
Druck-Sog-Zeitverlaufes vorgegeben, der aus neuen Messungen an der Strecke KölnRhein-Main abgeleitet wurde (Bild 4).
-0.6
-0.4
-0.2
0
0.2
0.4
0.6
0.8
0 40 80 120 160 200 240 280 320 360 400 440 480 520
Weg [m] bei 300 km/h
Wk [kN/m²]
Bild 4: Beobachtete Schäden an Lärmschutzelementen
Darüber hinaus wurden die Anforderungen an die Berechnung und Nachweisführung erweitert:
− der Druck-Sog-Zeitverlauf ist für die Ermittlung der dynamischen Beanspruchungen unter Ansatz des Gesamtsystems (Elemente, Pfosten, Gründungen) zu
verwenden;
− für alle Komponenten der Lärmschutzwände müssen Ermüdungsnachweise geführt werden;
− rechnerische Festigkeits- und Ermüdungsnachweise der Lärmschutzelemente
dürfen nur nach anerkannten Regeln der Technik geführt werden; anderenfalls
sind die Nachweise experimentell zu führen.
Die letzte Forderung betrifft insbesondere Lärmschutzelemente aus Aluminium, für
die zurzeit keine bauaufsichtlich eingeführten Regeln zum Ermüdungsnachweis dünnwandiger Bauteile deren Verbindungen zur Verfügung stehen.
4. ERSTANWENDUNG DER NEUEN VORGABEN
4.1 SITUATION
Die Erfüllung der neuen Forderungen wurde zum ersten Mal für Lärmschutzwände an
der bereits im Bau befindlichen Neubaustrecke Nürnberg-Ingolstadt (vmax = 300 km/h)
gefordert. Um wesentliche Verzögerungen in der Planung und Ausführung zu vermeiden, mussten die Berechnungen der Fundamentlasten möglichst frühzeitig durchgeführt
werden, damit die Gründungen noch vor Fertigstellung der festen Fahrbahn ausgeführt
werden konnten. Wegen fehlender Erfahrungen mit Anwendung der neuen Vorgaben
und der Unsicherheiten hinsichtlich der Bedeutung möglicher Einflussgrößen wurde
6
eine Vielzahl von Parametern variiert um mögliche Unsicherheiten abzudecken. Zum
Zeitpunkt der Berechnungen war die Entscheidung, welche Pfosten und Lärmschutzelemente zum Einsatz kommen, ebenfalls offen, da keine Produkte zur Verfügung standen, die die neuen Anforderungen bereits erfüllten. Diese Randbedingungen erhöhten
die Anzahl der zu berücksichtigenden Parameter (verschiedene Werkstoffkombinationen für Pfosten und Elemente) und den Rechenaufwand erheblich.
4.2 NUMERISCHE SIMULATIONEN
Die Berechnungen wurden als Zeitschrittsimulationen an 3D-Modellen der Wände
durchgeführt. Die numerischen Modelle beinhalteten alle wesentlichen Komponenten
der Gesamtsysteme – Lärmschutzelemente, Pfosten, Fundamente und Baugrundeigenschaften. Insgesamt wurden folgende Parameter berücksichtigt und variiert:
− Bettungsmodul des Bodens;
− Kombination aus Betonpfosten und Betonelementen:
− Kombination aus Stahlpfosten und Betonelementen;
− Kombination aus Stahlpfosten und Aluminiumelementen;
− Lärmschutzwände auf freier Strecke und auf Brücken;
− Höhe der Wand und Abstand der Wände von der Gleisachse.
Bild 5: Numerisches Model einer Lärmschutzwand
Die Ergebnisse der Parametervariationen wurden im Hinblick auf die maximalen
Beanspruchungen (einschließlich Ermüdung) der Fundamente ausgewertet. Dieser sehr
konservative „worst case“ Ansatz ermöglichte es die Wahl eines geeigneten Wandsystems offen zu lassen, bis geeignete Lösungen zur Verfügung standen.
Die Auswertung der Simulationsergebnisse lieferte erste Informationen, mit denen
das dynamische Verhalten der Wände und dessen Abhängigkeit von den wesentlichen
Einflussgrößen bewertet werden konnte:
− die dynamische Reaktion der Wände ist im hohen Maße von den Gründungen
und den Bodeneigenschaften abhängig;
− Endfelder der Wände erfahren die größten dynamischen Beanspruchungen bedingt durch die Synchronisation der Zuggeschwindigkeit und der Wellenfortpflanzung im Wandsystem;
− bis zu einer Wandhöhe von 3,50 m kann mit leichten Lärmschutzelementen das
bessere dynamische Verhalten (Hochabstimmung) erreicht werden;
7
− eine gezielte dynamische Abstimmung der Wandsysteme führt zu einer deutlichen Reduzierung der Beanspruchungen (Faktor 3) gegenüber Systemen mit ungünstigen dynamische Eigenschaften.
Die Ergebnisse haben die Bedeutung einer Gesamtbetrachtung der Systeme und der
adäquaten dynamischen Abstimmung verdeutlicht. Es hat sich gezeigt, dass sowohl die
maximalen als auch die ermüdungsrelevanten Beanspruchungen aller Wandkomponenten signifikant von den dynamischen Systemeigenschaften abhängig sind. Diese Tatsache hat auch einen wesentlichen Einfluss auf die Kosten, insbesondere hinsichtlich der
Gründungen.
5. ENTWICKLUNG NEUER LEICHTBAU-LÄRMSCHUTZELEMENTE
5.1 MOTIVATION UND ZIELSETZUNG
Die festgestellten Schäden an Aluminiumelementen führten zu einem erheblichen
Imageschaden und Vertrauensverlust in diese Bauweise. Ungeachtet dessen besteht
weiterhin Bedarf an leichten Lösungen, die einerseits eine wirtschaftliche Hochabstimmung niedriger Lärmschutzwände ermöglichen, andererseits auf Brücken die Lösung
mit geringsten Zusatzlasten darstellen.
Wie die Schäden gezeigt haben, sind die bisherigen Konzepte und Lösungen für
Hochgeschwindigkeitsstrecken nicht geeignet. Es galt daher ein neues Element zu entwickeln, in das die bisherigen Erfahrungen einfließen und das die essentiellen Anforderungen insbesondere für Hochgeschwindigkeitsstrecken erfüllt:
− Wirtschaftlichkeit;
− Robustheit;
− Zuverlässigkeit;
− Dauerhaftigkeit.
Bei geeigneter Konzeption und Umsetzung können diese Anforderungen von Aluminiumkonstruktionen erfüllt werden. Die Entwicklung und die Überprüfung der mechanischen Eigenschaften (Tragfähigkeit, Ermüdungsfestigkeit) mussten wegen fehlender anerkannter Regeln der Technik von einem umfangreichen Versuchsprogramm im
Labor und unter realistischen Betriebsbedingungen begleitet werden.
5.2 KONZEPT DES NEUEN ELEMENTES
Die primäre Zielsetzung der Entwicklung lag in der Vermeidung ungewollter oder unvorhersehbarer Beanspruchungen von Bauteilen des neuen Elementes. Das betraf insbesondere Verbindungsdetails, deren Ermüdungsversagen in den bisherigen Lärmschutzelementen primäre Ursache der Schäden war. Die Vorgaben zur Ermüdungsfestigkeit
des neuen Elementes beinhalteten:
− Mindestlebensdauer (vorgesehen Nutzungsdauer): 50 Jahre bei 100 Zugfahrten
pro Tag und Richtung;
− schadenstolerante Konstruktion (Redundanz) zur Sicherstellung ausreichender
Tragfähigkeit beim Auftreten von sichtbaren Ermüdungsschäden. Mit dieser
Vorgabe war die Forderung nach Verhinderung von Schadensmechanismen verbunden, die bei Inspektionen nicht zu erkennen sind.
8
72 350
Sechskantschraube
M6 x 20 DIN 933
Federring d=6,1 DIN127
Werkstoff Nr. 1.4401
Schraubensicherung LOCTITE
Sechskantschraube
M6 x 20 DIN 933
Federring d=6,1 DIN127
Werkstoff Nr. 1.4401
Schraubensicherung LOCTITE
Sechskantschraube
M6 x 20 DIN 933
Federring d=6,1 DIN127
Werkstoff Nr. 1.4401
Schraubensicherung LOCTITE
D D
E E
HE_160
B
B
Achsmaß
Elementlänge = Achsmaß - 40mm
A
A
EJOT ALtracs
80 x 30 WN 5151
Werkstoff Nr. 1.4301
Schraubensicherung LOCTITE
C
C
EJOT ALtracs
80 x 30 WN 5151
Werkstoff Nr. 1.4301
Schraubensicherung LOCTITE
Enddeckel siehe
Zeichnung Nr. 04-36-0a Enddeckeldichtung siehe
Zeichnung Nr. 04-36-1
EJOT ALtracs
80 x 30 WN 5151
Werkstoff Nr. 1.4301
Schraubensicherung LOCTITE
28
35
Ober / Untergurt = Elementlänge - 10mm
106
Schnitt B - B
139 139
498
110
110 110
Seitenblech siehe
Zeichnung Nr. 04-37-0
Seitenblechstabilisator an Elementenden
RR 70x30x2
siehe Zeichnung Nr. 04-40-1
Ober -/ Untergurt siehe
Zeichnung Nr. 04-34-0b
Klemmprofil siehe
Zeichnung Nr. 04-35-0
Dichtung Typ B siehe
Zeichnung Nr. 03-21-2c
Wolle t = 50 mm
100 kg/m³
Bild 6: Neues Lärmschutzelement mit einer neuentwickelten Schubverbindung
Das neue Lärmschutzelement (Bild 6) wurde in Zusammenarbeit mit einem Hersteller von Lärmschutzsystemen (Bongard) entwickelt, der auch die ersten Prototypen herstellte. Die tragende Konstruktion besteht aus zwei Strangpressprofilen und Deckblechen, die Schubverbindung zwischen den einzelnen Bauteilen wurde durch eine neuentwickelte Schubverbindung realisiert. Darüber hinaus besitzt das Element keine weiteren beanspruchten Schraub- oder Nietverbindungen.
5.3 VERSUCHE IM LABOR
Die Tragfähigkeit und Ermüdungsfestigkeit der Elemente wurde durch umfangreiche
Traglast- und Ermüdungsversuche bestimmt. Neben reiner Biegebelastung wurden die
Elemente auch unter kombinierter Biege- und Torsionsbelastung getestet, wie sie im
realistischen Betrieb festgestellt wurde.
Die Versuche wurden durch Vergleichsberechnungen begleitet und lieferten die
Widerstandswerte der Elemente, mit denen Nachweise für die geforderte Lebensdauer
unter den rechnerisch und experimentell festgestellten Belastungen geführt werden
können.
Bild 7: Element im Grenzzustand der Tragfähigkeit und der Ermüdungsfestigkeit
9
Die Lärmschutzelemente erreichten eine sehr hohe Grenztragfähigkeit bei gleichzeitig sehr duktilem Verhalten. Die Erstrissbildung erfolgte reproduzierbar in den gelochten Blechen; diese Risse sind bei den üblichen Inspektionen einfach zu erkennen. Darüber hinaus wiesen die Elemente eine hohe Resttragfähigkeit auch nach Versagen der
perforierten Bleche und erfüllten damit die Zielsetzung der Redundanz.
Die Auswertung der Ermüdungsversuche und Vergleich mit den im Probebetrieb
festgestellten Beanspruchungen zeigten, dass die Elemente die Forderung nach einer
Mindestlebensdauer von 50 Jahren unter Vollbetrieb erfüllen.
6. ERPROBUNG DER ELEMENTE AN DER BAHNSTRECKE
6.1 ZIELSETZUNG DER ERPROBUNG
In Zusammenarbeit mit der DB wurden die Elemente unter realistischen Bedingungen
an der Neubaustrecke Köln-Rhein-Main erprobt. Die Erprobung hatte zum Ziel das tatsächliche Verhalten der Elemente unter Betriebsbedingungen und die in den Elementen
auftretenden Beanspruchungen festzustellen.
Bild 8: Schallschutzelemente im Feldtest und Instrumentierung
Während der Erprobung wurden die Luftdrücke, Verformungen der Pfosten und
Spannungen in den Elementen gemessen. Insgesamt wurde das Wandverhalten bei über
30 Zugfahrten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufgezeichnet; damit wurde
eine breite Basis für die Definition und Verifizierung der Ermüdungsbeanspruchung
geschaffen. Weitere Ziele der Erprobung waren:
− Verifizierung der neuen Bemessungsvorgaben der Bahn im Hinblick auf deren
Anwendbarkeit für die neuen Elemente;
− Bestimmung des dynamischen Verhaltens des Gesamtsystems mit neuen Elementen;
− Bestimmung der Beanspruchungen einzelner Komponenten der Elemente einschließlich dynamischer Faktoren und Ermüdungsbeanspruchung.
6.2 ERGEBNISSE DER ERPROBUNG
Die neuen Lärmschutzelemente wurden in die bestehende Konstruktion (Pfosten und
Gründungen) eingebaut, die ein äußerst ungünstiges dynamisches Verhalten aufwies.
Die in der Testwand gemessenen dynamischen Ermüdungsbeanspruchungen waren sehr
10
hoch und haben in der Vergangenheit zum Versagen der bisherigen Elemente nach bereits wenigen Monaten Betrieb geführt.
Die im Betrieb gemessenen Wandreaktionen während der Fahrt eines ICEDoppelzuges mit v = 300 km/h sind in Bild 9 exemplarisch dargestellt. Das Bild Zeigt
die Zeitverläufe der Biegeverformung und Verdrillung des am stärksten beanspruchten
Elementes.
22 24 26 28
Time [s]
0
10
20
-10
-20
Deflection m[ m]
0
10
20
-10
-20
Torsion m[ Rad]
v = 300,3 km/h
Deflection [mm]
Torsion [mRad]
Bild 9: Zeitverläufe der Biege- und Verdrillbeanspruchung der Elemente
Beide Beanspruchungsarten tragen zur Ermüdungsbeanspruchung der Elemente bei
und führen zu einer dynamischen Überhöhung des Maximalwertes der Beanspruchungen um den Faktor 1,8 bezogen auf die statisch angenommene Druck-Sog-Belastung.
Die Synchronisation der Druck-Sog-Welle und der Wandreaktion und damit auch
die dynamische Überhöhung der Beanspruchungen sind abhängig vom Verhältnis der
maßgebenden Eigenfrequenz der Wand zur Zuggeschwindigkeit. Messungen bei geringeren Zuggeschwindigkeiten haben eine deutliche Reduzierung der Maximalwerte und
insbesondere der Ermüdungsbeanspruchung der Pfosten und der Lärmschutzelemente
(Bild 10) bestätigt.
21,2 21,6 22 22,4
Time [s]
0
8
16
-8
-16
Deflection m[ m]
0
20
-10
-20
Torsion m[ Rad]
v = 300,3 km/h
Deflection [mm]
Torsion [mRad]
21,2 21,6 22 22,4 22,8
Time [s]
0
8
16
-8
-16
Deflection m[ m]
0
10
20
-10
-20
Torsion m[ Rad]
v = 269,6 km/h
Deflection [mm]
Torsion [mRad]
Bild 10: Vergleich der Beanspruchungen der Elemente bei 300 km/h und 270 km/h
Der Vergleich der dynamischen Wandreaktionen unterstreicht die Bedeutung einer
geeigneten Abstimmung des gesamten Wandsystems. Die „Verstimmung“ des Systems,
die hier durch eine geringere Zuggeschwindigkeit zu beobachten ist, kann analog durch
eine Erhöhung der Eigenfrequenz (Hochabstimmung) des Wandsystems erreicht werden. Durch die Verwendung leichter Elemente zusammen mit Pfosten und Gründungen
mit höheren Steifigkeiten kann die Beanspruchung reduziert und die Lebensdauer aller
Komponenten sowie deren Wirtschaftlichkeit erhöht werden.
11
7. ZUSAMMENFASSUNG
Das vermeintlich einfache Beispiel einer Lärmschutzwand verdeutlicht die Bedeutung
der Auslegung von Tragwerken unter Betrachtung der Zusammenhänge im Gesamtsystem. Dies gilt insbesondere für Strukturen unter dynamischen Belastungen, bei denen
die Interaktion zwischen Einwirkung und Systemantwort für das Verhalten und die Beanspruchung des Tragwerks entscheidend ist. Die festgestellten Schäden führten bereits
zu einer Ergänzung der EN 1991-2, indem ein Hinweis aufgenommen wurde, dass bei
Lärmschutzwänden die Gefahr von Resonanzerscheinungen besteht und dass die Systeme auf deren dynamisches Verhalten hin zu überprüfen sind.
Messungen des dynamischen Wandverhaltens unter realistischen Betriebsbedingungen haben wesentlich zum Verständnis der dynamischen Zusammenhänge beigetragen
und lieferten Daten, mit denen die Lastvorgaben zum rechnerischen Nachweis der Tragfähigkeit und Ermüdungsfestigkeit überprüft werden konnten. Eine geeignete dynamische Auslegung des Gesamtsystems kann hier wesentlich zur Reduzierung der Beanspruchungen beitragen.
Das neuentwickelte Lärmschutzelement zeigt, dass Konstruktionen mit Aluminium
eine zuverlässige und wirtschaftliche Lösung sein können, wenn die grundlegenden
Regeln hinsichtlich der Konzeption und der konstruktiven Umsetzung beachtet werden.
SCHRIFTENVERZEICHNIS
DB Netz, DS 804 – Vorschrift für Eisenbahnbrücken und sonstige Ingenieurbauwerke,
September 2000
DIN, DIN-Fachbericht 101 – Einwirkungen auf Brücken, März 2003
CEN, ENV 1991-3, Eurocode 1: Grundlagen für Entwurf, Berechnung und Bemessung
sowie Einwirkungen auf Bauwerke, Teil 3: Verkehrslasten auf Brücken, 1994
ERRI Report D 189/RP 1, Staudrücke und Sog infolge Zugüberfahrten, Druck-SogEinwirkungen aus Zugverkehr auf Bauwerke in Gleisnähe, 1994
DB NETZ, Richtlinie 2001, Netzinfrastruktur Technik Entwerfen – Lärmschutzanlagen
an Eisen-bahnstrecken, 2000
CEN, EN 1991-2, Eurocode 1: Einwirkungen auf Bauwerke, Teil 2: Verkehrslasten auf
Brücken, April 2004 |
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