Der letzte Akt eines langen Verfahrens ist geschlossen: Die Stadtgemeinde Stockerau wollte mit der Bürgerinitiative „Tunnel und Grüner Übergang“ und Privatpersonen auf rechtlichem Weg erkämpfen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den geplanten A22-Ausbau auf sechs Spuren notwendig ist. Jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) einen Schlussstrich gezogen: Das A22-Projekt der Asfinag benötigt keine UVP.
Acht Jahre lang dauerte das Verfahren, mit drei Rechtsgängen vor den Bundesverwaltungsgerichtshof (BVwG). Der VwGH hat nun die Rechtsauffassung des BVwG bestätigt, wonach für das Asfinag-Vorhaben keine UVP durchzuführen ist. „Die Stadtgemeinde Stockerau hat im Zuge des UVP-Feststellungsverfahrens alles getan, um die UVP-Pflicht des Vorhabens darzulegen und hierfür keine Kosten und Mühen gescheut“, sagt Bürgermeisterin Andrea Völkl.
Stockerau fürchtete um die Lebensqualität
Die Stadt war nicht die einzige Beschwerdeführerin: Die Bürgerinitiative „Tunnel und Grüner Übergang“ und Stadtrat Dietmar Pfeiler kämpften ebenso um eine UVP. Denn damit wäre die Asfinag nicht der alleinige Planer des Projekts gewesen, Stellungnahmen von Bürgern oder Initiativen hätten berücksichtigt werden müssen. Stockerau fürchtete um die Lebensqualität in der Stadt, wenn nach dem sechsspurigen Ausbau mehr Verkehr nah am Siedlungsgebiet vorbeirauscht.
2021 war der Jubel groß, nachdem das BVwG sein Ja zu einer UVP-Pflicht gegeben hat. Die Asfinag kämpfte gegen den Entscheid an: Das darauffolgende Hin und Her konnten die Stockerauer nicht für sich gewinnen. Krux der Sache war zum einen, dass die Asfinag im Verfahren einen neuen Plan dem Gericht vorlegt hat. Dieser brachte es mit sich, dass doch keine Flächen in der Au während der Baustellenphase beansprucht werden.
Mit Asfinag-Coup wurde Stadt der Boden entzogen
Die A22 führt knapp an der Au vorbei – ein Europaschutz-, Vogelschutz- und FFH-Gebiet, das der Tullnerfelder Donau-Auen zugehörig ist. Mit dem geänderten Asfinag-Plan wurde „der Stadtgemeinde Stockerau zu einem Großteil der Boden entzogen“, sagt Völkl. Die Revision der Stadt wurde noch zugelassen, weil die Frage nach dem Schutzzweck eines Siedlungsgebietes noch nicht erschöpfend beantwortet war.
Denn das BVwG hat eine mögliche Beeinträchtigung des Landschafts- und Ortsbildes außer Betracht gelassen – doch das ist nicht rechtswidrig, sagt nun der VwGH. Immerhin sei es der Stadtgemeinde gelungen, dass der VwGH das Rechtsmittel inhaltlich behandelt hat. Die anderen Revisionen wurden dagegen ohne weitere Prüfung zurückgewiesen. „Freilich ist dies nur ein schwacher Trost angesichts des finalen Entscheidungsergebnisses“, seufzt Völkl.
Asfinag muss jetzt die weiteren Planungen eruieren
Kämpferisch bleibt die Bürgerinitiative „Tunnel und Grüner Übergang“: 2024 brachte sie eine parlamentarische Bürgerinitiative ein, um einen wirksamen Schutz gegen den A22-Lärm einzufordern – mithilfe eines flexiblen Tempolimits. Unterstützungen und Stellungnahmen dazu können noch abgegeben werden. Und sie bereitet mit Rechtsanwalt Martin Fischer drei Beschwerden vor: Die Bürgerinitiative ist davon überzeugt, dass der Autobahn-Verkehr schon jetzt die Au erheblich gefährdet.
Die Asfinag hat 2024 mit der Sanierung der A22 begonnen, in dieser Woche startet die zweite Bauphase. „Durch den schlechten Zustand der Fahrbahn wurde mittlerweile eine Sanierung dringend notwendig“, erklärt Asfinag-Sprecher Alexander Holzedl. Die lange Verfahrensdauer verzögerte die Ausbau-Pläne: „Im aktuellen Bauprogramm ist das Projekt aus diesem Grund nicht enthalten, die weiteren Planungen rund um das Vorhaben müssen nun im Zuge der Erstellung des kommenden Bauprogramms evaluiert werden.